Berlin. Werden Autofahrer von Falschparkern blockiert, sollten sie nicht direkt zur Selbsthilfe greifen. Das sind die Regeln beim Abschleppen.

Gerade in Innenstädten ist es ein alltäglicher Fall: Falschparker blockieren Garagen oder Auffahrten. Aber kann man dann einfach zur Selbsthilfe greifen und den Abschleppdienst rufen?

Die wichtigste Frage für alles Weitere ist: Wo steht der Falschparker – auf einem Privatgrundstück oder im öffentlichen Raum? Denn für den Geschädigten ist es die einfachere Variante, wenn sich das Ganze auf seinem eigenen Grund und Boden abspielt.

Denn dann gilt: „Als Besitzer eines Grundstücks können Sie selbst die Regeln vorgeben. Wenn sich jemand auf Ihr Grundstück stellt, der da nicht hingehört, dann können Sie ihn abschleppen lassen“, sagt Roman Becker, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin.

Am besten die Polizei alarmieren

Dazu ist es nicht mal nötig, dass man durch den Falschparker in irgendeiner Form behindert wird – es reicht das bloße Abstellen des Autos dort, wo es nicht erlaubt ist. Der Jurist nennt so etwas „verbotene Eigenmacht“ und „Besitzstörung“, und die muss der Besitzer nicht hinnehmen, sondern kann Gegenmaßnahmen ergreifen.

Komplizierter ist es, wenn der Falschparker auf öffentlichem Grund steht und dabei eine Garageneinfahrt oder Auffahrt blockiert. Für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist grundsätzlich die Polizei zuständig, allerdings kommt auch hier das Besitzrecht des Geschädigten ins Spiel.

„Es empfiehlt sich, die Polizei zu alarmieren; es handelt sich ja um eine Störung des öffentlichen Verkehrs. Man kann notfalls auch privat abschleppen lassen, aber dann muss man natürlich finanziell in Vorleistung treten“, sagt Roman Becker.

Solange nicht die Polizei die Räumung veranlasst hat, wendet sich der Abschleppunternehmer an den Auftraggeber. Wer den Falschparker abschleppen lässt, muss die Rechnung bezahlen und vom Störer Erstattung verlangen. Dabei ist es unerheblich, ob der Halter der Fahrer war, als das Auto unberechtigt abgestellt wurde. Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, dass der Halter haftet.

Verstoß dokumentieren

Dessen Daten, die man zunächst beschaffen muss, bevor man eine Rechnung stellen kann, bekommt man von der Zulassungsstelle – aber nur, wenn man den Rechtsverstoß glaubhaft machen kann. Deshalb – und auch um in einem eventuellen Rechtsstreit die besseren Karten zu haben – ist es so wichtig, den Verstoß hinreichend zu dokumentieren. Dank Handykamera ist das in der Regel aber kein Problem.

Was für Kosten aber kann man gegenüber dem Falschparker geltend machen? Zunächst natürlich die Rechnung des Dienstleisters. Becker: „Diese Kosten kann man eins zu eins weitergeben. Es geht nicht darum, etwas zu verdienen.“ In dem Sinn ist das, was man vom Falschparker verlangt, kein Schadenersatz, sondern ein Aufwendungsersatz – eben die Aufwendungen, die zur Beseitigung der verbotenen Eigenmacht nötig waren.

Darüber hinaus kann man nicht einfach einen Stundenlohn für die Zeit, die man sich mit dem Fall beschäftigt hat, ansetzen und in Rechnung stellen. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil sogar die Kosten für die Halterabfrage aus der Rechnung für den Falschparker gestrichen.

Eine Ausnahme gilt, wenn durch das Falschparken dem Geschädigten ein Vermögensschaden entstanden ist. Der entsprechende Paragraf des Bundesgesetzbuches lässt bei Verletzung des Besitzes grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz zu.

Schadenshöhe muss man nachweisen können

Es ist also die Frage: Welcher Schaden entsteht mir dadurch, dass ich nicht aus meiner Einfahrt herauskomme? Die konkrete Schadenshöhe muss man nachweisen können, bevor man sie dem Falschparker gegenüber geltend macht.

Wollte ich zu einem wichtigen Geschäftstermin und war gezwungen, statt des eigenen Autos ein Taxi zu nehmen? Oder hatte mein Kind hohes Fieber und ich nahm ein Taxi, um auf schnellstem Wege zum Kinderarzt zu kommen? Oder wollte ich einfach in die Innenstadt zum Shopping?

Zwar gilt wie in anderen Rechtsbereichen auch hier der Grundsatz, dass man den Schaden möglichst gering zu halten hat. Doch trotz der Schadensminderungspflicht kann der Falschparker auch dann zum Ersatz des Schadens herangezogen werden, wenn es nicht um Leib und Leben geht. Fachanwalt Becker stellt klar: „Es bedarf dabei keiner besonderen Dringlichkeit.“

Es geht vor allem um den Vorsatz

Verstöße auf öffentlichem Straßengrund ahndet die Polizei von Amts wegen. Der Garagenblockierer bekommt, wenn er erwischt wird, einen Strafzettel und zahlt mindestens 25 Euro Verwarngeld für das Parken auf Sperrflächen.

Die Besitzstörung dagegen, die man als derjenige, der zugeparkt wurde, erleidet, ist nicht mit einer Strafe verbunden. Zu einer Straftat wird das Ganze nur unter ganz bestimmten Umständen. Aber um in den Bereich der strafbewehrten Nötigung zu kommen, muss noch einiges dazukommen.

Dabei geht es vor allem um den Vorsatz. Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass der Falschparker wirklich vorsätzlich gehandelt hat, macht eine Anzeige wegen Nötigung Sinn. Ein Anhaltspunkt für Vorsatz wäre zum Beispiel, wenn dasselbe Fahrzeug immer wieder am selben Ort falsch abgestellt wird. Aber auch im Umgang mit solchen „Wiederholungstätern“ empfiehlt es sich, zunächst einen Anwalt zurate zu ziehen, bevor man Strafanzeige stellt.