Daytona. Der BMW M8 kommt im Sommer auf den Markt. Als Rennauto rollt er bereits durch die USA. Das Debüt gelang aber nicht so wie erhofft.

Ist das jetzt ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Der neue BMW M8 GTE erreichte bei seinem ersten Renneinsatz die Plätze sieben und neun – von neun teilnehmenden Autos in seiner Klasse. Das ist auf den ersten Blick kein großer Erfolg, allerdings ging dieses Rennen gleich über 24 Stunden, und allein das Erreichen der Ziellinie ohne technische Probleme werten die offiziellen BMW-Stimmen als gutes Zeichen. Doch in Wahrheit ist die Laune in München eher gedämpft, denn es läuft mit dem neuen Auto überhaupt nicht wie geplant.

Die Idee ging eigentlich so: Mit einem nagelneuen GT-Rennwagen siegt BMW bei den 24 Stunden von Daytona oder kämpft wenigstens um Platz eins und nimmt Schwung mit für die auch international beachtete amerikanische Sportwagenmeisterschaft. Um dann im Lauf des Jahres das Serienmodell des M8 auf den Markt zu bringen und es mit warmen Worten als Abkömmling eines Siegertypen anzupreisen.

Ein passender Werbeslogan wird nun schwer zu finden sein

Es wäre ein schöner Coup gewesen, denn normalerweise gibt es erst das Serienauto – und davon wird dann ein Rennwagen abgeleitet. Die an Erfolgen nicht arme BMW M GmbH hatte sich von dem M8 auf der Rennstrecke auch eine Menge versprochen. „Der GTE zeigt die Designsprache vom Serien-M8, und der profitiert bei der Aerodynamik vom Rennauto“, sagt Frank van Meel, Chef der M GmbH.

Aber Platz sieben und Platz neun in der prestigereichen GTLM-Klasse – wenn das so weitergeht, wird es vielleicht schwierig, den passenden Werbeslogan zu finden. BMW hat jedoch schon den Schuldigen ausgemacht: die International Motor Sports Association (IMSA), die die US-Meisterschaft und viele andere Serien veranstaltet. „Unser Fahrzeug konnte hier nicht sein volles Potenzial zeigen“, kommentierte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt das unbefriedigende Ergebnis in Florida.

Hintergrund seiner Klage ist, was Fahrer und Ingenieure als „BoP“ bezeichnen, die Balance of Performance, ein Einstufungssystem, damit verschiedene Autos mit einigermaßen gleichen Chancen gegeneinander fahren können. Es wird an den Stellschrauben Aerodynamik, Gewicht und Motorleistung gedreht, nur so ist GT-Sport überhaupt organisierbar. Sonst müssten Ford GT, Corvette, Ferrari 488, Porsche 911 und BMW M8, die aktuellen Wettbewerber der GTLM-Klasse, in eigenen Markenpokalen antreten, und das würde wesentlich weniger Aufmerksamkeit erzeugen, weil ein Grundsatz nicht berücksichtigt wäre: viel Feind, viel Ehr.

Das große Coupé soll eine Alternative zu Porsche und Aston Martin sein

Es liegt auf der Hand, dass es über die BoP immer Streit gibt, gerade wenn neue Autos die Bühne betreten. Der M8 ist von seiner Grundkonstruktion her kein Rennwagen wie der siegreiche Ford GT; ob er ein Sportwagen ist wie Porsche 911, Ferrari 488 und Corvette, wird sich zeigen, sobald er auf den Markt kommt. Der BMW-Entwicklungsvorstand hat schon für den Standard-8er das Wort „Sportwagen“ in den Mund genommen, er sieht das große Coupé nicht als Konkurrenz für das S-Klasse Coupé von Mercedes, sondern als Alternative zu Porsche und Aston Martin. Andererseits werden auf der 8er-Plattform auch ein Cabriolet entstehen (wie bei Mercedes) und ein viertüriges Gran Coupé, was dann wieder mehr für Luxus statt Racing spricht.

Wie auch immer man 8er und M8 betrachtet: Die Ableitung eines Rennwagens stellt eine gewisse Herausforderung dar. So wiegt ein Serien-M8 1800 Kilogramm und misst fast fünf Meter. Mit solch wuchtigen Ausgangsdaten steht BMW nicht allein da: Auch Bentley nimmt mit seinem noch einmal schwereren Continental Coupé an Rennen teil, allerdings in der etwas schwächeren GT3-Klasse. An der Länge der Autos kann und will man nichts machen, das würde das Design negativ beeinflussen. Beim Gewicht nutzen die Ingenieure aber ihre Möglichkeiten und haben zum Beispiel bei BMW fast 600 Kilo wieder ausgeladen. Der M8 GTE wiegt nur noch 1220 Kilogramm und ist damit schon mal konkurrenzfähig.

„Im BMW M5 hat unser Motor 600 PS“

Doch ist das Auto auch recht breit und hoch (nicht so sehr wie der Bentley) und stellt eine große Stirnfläche in den Wind. Diesen Aerodynamiknachteil wünschte BMW durch Absenkung des Daches auszugleichen, was nicht erlaubt wurde – auch weil es der Konkurrenz nicht gefiel. Porsche-Motorsportchef Frank-Steffen Walliser: „Die hätten sich ja am höchsten Auto des Feldes orientieren können, also an unserem 911. Aber sie wollten noch flacher werden.“

Wenn also die Aerodynamik hohes Tempo auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke wie Daytona verhindert, sollte man die Motorleistung erhöhen können, aber auch das wurde untersagt. „Im BMW M5 hat unser Motor 600 PS“, sagt M-Chef van Meel, „den M8 würden wir nach oben anpassen. Wenn er im Renneinsatz deutlich weniger bringt, ist das argumentativ natürlich schwierig.“

Rennleiter Marquardt spricht von 530 Pferdestärken, die die IMSA seinem Biturbo-V8 noch gelassen habe. Damit war der BMW im Qualifying 1,2 Sekunden langsamer pro Runde, und im Rennen wurde es nicht wesentlich besser. Zwar musste der M8-Hubraum wegen des Reglements von 4,4 auf 4,0 Liter verkleinert werden, doch das könnten Renningenieure leicht ausgleichen. Für kommende Termine der US-Meisterschaft ist BMW auf der Suche nach mehr Pferdestärken oder besser: nach der Erlaubnis, sie auch freizusetzen.

Der extrem teure Motorsport muss sich irgendwie auszahlen

Die Lage wird als so ernst empfunden, dass man für das nächste Rennen, die zwölf Stunden von Sebring im März, der IMSA ein Ultimatum gesetzt hat: Entweder es ändert sich etwas an der BoP-Einstufung zu BMWs Gunsten, oder der M8 GTE wird nicht antreten. Ob diese Verhandlungsstrategie geschickt ist, wird sich erweisen, sie zeigt aber auch, unter welchem Druck Jens Marquardt und sein Team stehen.

Motorsport ist extrem teuer, und schließlich muss er sich irgendwie auszahlen. Nach dem Ende des Formel-1-Engagements 2009 hat sich BMW auf zwei Dinge konzentriert: seriennahen GT-Sport und die Teilnahme an der DTM mit Autos, die wie Serienautos aussehen, aber in Wirklichkeit reine Rennprototypen sind.

Schicksal der Serie steht auf der Kippe

In der DTM sind einige Erfolge erzielt worden, das Schicksal der Serie steht jedoch auf der Kippe, da Mercedes Ende des Jahres aussteigt und dann nur noch BMW und Audi übrig bleiben. Zehn Rennen werden pro Jahr in der DTM gefahren, davon fünf im europäischen Ausland. Trotzdem ist die Serie kein Exportschlager, denn nach ihrem technischen Reglement wird sonst nirgends gefahren, und in vielen Ländern wird die DTM überhaupt nicht wahrgenommen.

Mit den GT-Autos hatte BMW in der Vergangenheit keine glückliche Hand. „Der Z4 war nicht die beste Basis für ein Rennauto“, gibt Jens Marquardt zu, „die steile Dachlinie machte eine ­gute Aerodynamik schwierig.“ Auch sei es kompliziert gewesen, den mächtigen V8-Motor in das kleine Coupé einzubauen. Den Wechsel auf das größere M6 Coupé bezeichnet Marquardt als „richtigen Schritt. Und das Auto fährt ja auch weiter als GT3.“ Doch der M6 hat sich bislang auch nicht als Seriensieger erwiesen, also soll es nun der M8 richten.

„Wir sind Racer“, sagt Jens Marquardt, „Fahrer und Team geben immer 100 Prozent.“ Aber was soll er auch ­anderes sagen? Und dass sein neuer BMW-Rennwagen nicht nur in der amerikanischen Meisterschaft antritt, sondern auch in der Langstrecken-WM mit dem Höhepunkt bei den 24 Stunden von Le Mans, macht den Druck sicher auch nicht kleiner.