Hamburg. Der E-Pace soll an den Erfolg des meistverkauften Jaguar-Modells F-Pace anknüpfen – und die SUV-Welle im großen Stil weiter ausreiten.

Der F-Pace ist noch keine zwei Jahre alt, und schon ist er das meistverkaufte Jaguar-Modell. Kein Wunder also, dass die Briten auf den Geschmack gekommen sind und jetzt mit einem kleinen Bruder im großen Stil die SUV-Welle reiten wollen. Auf den F-Pace folgt deshalb nun zu Preisen ab 34.950 Euro der E-Pace und soll Konkurrenten wie dem BMW X1, dem Audi Q3 oder dem Mercedes GLA das Leben schwermachen.

Dabei setzen die Briten vor allem auf die verführerischen Formen aus der Feder von Ian Callum, der die Linien des F-Pace bei der Schrumpfkur noch straffer und sportlicher gezogen und noch weiter in Richtung F-Type getrimmt hat. Der Blick ist noch entschlossener, das Dach noch flacher, die Form der Seitenscheiben wirkt rasanter, die Flanken sind stärker konturiert und das Heck noch knackiger. So wird der E-Pace zum Sportwagen auf Stelzen, der alle Blicke fängt und die Konkurrenz der jungen Wilden gefährlich schal aussehen lässt.

Jaguar setzt vor allem auf die Kunst der Verführung. Doch weil es so ganz ohne Vernunft nicht gehen wird, will der E-Pace auch ein praktisches Auto sein. Für sein knappes Format von 4,40 Metern bietet er deshalb nicht nur einen mit 557 bis 1237 Litern überraschend großen Kofferraum. Bei 2,68 Meter Radstand kann man selbst im Fond ganz ordentlich sitzen, und wenn man erst einmal unter der heruntergezogenen Dachlinie durch die schmale Tür getaucht ist, geht sogar die Kopffreiheit in Ordnung.

E-Pace ist streng genommen ein altes Auto

Dazu gibt es eine Ausstattung, die der jungen Zielgruppe des Nachwuchs-Jaguars Rechnung trägt. Nicht umsonst hat der Wagen einen WLAN-Hotspot für acht Endgeräte, einen großen Touchscreen mit App-Store, ein Head-up-Display und in den gehobenen Varianten auch digitale Instrumente – von Selbstverständlichkeiten wie automatischer Abstandsregelung und Kameraüberwachung ganz zu schweigen.

Dummerweise merkt man dem E-Pace dabei den Druck an, unter dem die Kostenrechner gestanden haben müssen, und das Alter des F-Type, aus dessen Baukasten er sich bedient. Während Land Rover mit dem Range Rover Velar neue Standards in Sachen ­Infotainment gesetzt hat, sieht der E- Pace schon als Neuwagen innen alt und abgegriffen aus und fährt in dieser Disziplin hinterher.

So frisch der E-Pace auftritt und so neu er für die Marke ist, handelt es sich streng genommen um ein altes Auto. Denn im Grunde trägt Jaguar nur den Evoque auf, der bei Range Rover so langsam in die Jahre gekommen ist. Doch haben die Briten dem Jaguar trotzdem einen ganz eigenen, sehr viel sportlicheren Charakter gegeben. Das liegt weniger an den Motoren, die allesamt vier Zylinder und zwei Liter Hubraum haben. Selbst wenn die drei Diesel von 150 über 180 bis 240 PS reichen und es bei den Benzinern sogar nur 250 oder 300 PS gibt. Und es liegt auch nicht so sehr an den Fahrleistungen, die mit Sprintwert von 6,4 Sekunden und Spitzentempo von 243 km/h für das Top-Modell ja nicht so schlecht sind.

Ganz frei und ungezwungen fährt sich der kleinste Jaguar

Was den E-Pace zum sportlichen Schrittmacher unter den kleinen SUV macht, das ist allein die Sitzposition. Wie ein Ball im ledernen Handschuh eines Baseball-Spielers in den stark konturierten Sitzen gefangen und vom weit herumgezogenen Cockpit umrahmt, fühlt man sich der Straße und dem Auto im E-Pace viel näher als im Evoque oder der Konkurrenz aus Deutschland – und hat entsprechend mehr Spaß bei der Sache.

Obwohl weder das Fahrwerk sonderlich sportlich abgestimmt noch die Lenkung übermäßig scharf und spitz ist, tollt und tobt man mit dem flotten Kätzchen über die Landstraße, als hätte man vom Quell der ewigen Jugend getrunken. Und als kleinster und handlichster ­Jaguar der Neuzeit fühlt es sich mit dem E-Pace auch im Stadtverkehr plötzlich frei und unbeschwert an.

Die Briten haben den E-Pace bei der Entwicklung immer wieder als verspieltes Katzenjunges betrachtet und sich und ihre Arbeit deshalb nicht ganz so ernst genommen. Vielleicht trollen sich deshalb zwei Kätzchen im Rahmen der Frontscheibe, und nicht ohne Grund haben die Etiketten an den Sitzen Tupfen wie das Fell eines Jaguar. Allerdings darf man sich von dieser Leichtigkeit nicht täuschen lassen: ­Ohne jeden Zweifel wird der E-Pace schon bald der meistverkaufte Jaguar, und die Konkurrenz könnte es künftig deutlich schwerer haben.