Berlin. Das neue iPad Pro soll leistungsstärker und bedienungsfreundlicher sein als viele Laptops. Kann das Gerät diese Versprechen erfüllen?

Das weltbeste Display, ein rasend schneller Prozessor und ein gigantischer Fortschritt beim Betriebssystem iOS 11 – wie üblich hat Apple bei der Vorstellung seines neuen iPad Pro nicht an Superlativen gespart. Seit gut zwei Wochen kann man die Geräte nun kaufen, bislang aber nur mit dem derzeit aktuellen Betriebssystem iOS 10.

Die finale Version von iOS 11 erscheint erst im Herbst – doch genau die stand bei der Präsentation der neuen Produktivitätsfunktionen im Mittelpunkt. Seit Anfang dieser Woche ist jetzt die öffentliche Beta-Version von iOS 11 verfügbar, und das iPad Pro damit fast so nutzbar wie von Apple demonstriert. Wir haben getestet, wie sich der Neuling als Arbeitsgerät schlägt.

Größen und Preise

Wie gehabt ist das iPad Pro in zwei Größen erhältlich: im neuen 10,5-Zoll-Format (ab 729 Euro) und in der bewährten 12,9-Zoll-Version (ab 899 Euro). Abgesehen von Größe und Displayauflösung sind die Geräte identisch. Die Basisversion bietet 64 GByte Speicher, der sich je nach Bedarf und Geldbeutel bis zu 512 GByte erweitern lässt.

Auf Wunsch ist auch eine Fassung mit Mobilfunkmodul erhältlich. Für ein voll ausgestattetes 10,5-Zoll-Gerät kommen 1209 Euro zusammen, beim 12,9-Zoll-Pendant sogar 1379 Euro. Weitere 179 beziehungsweise 189 Euro sollten für das Smart-Keyboard und 109 Euro für den Apple Pencil mit eingerechnet werden.

Viel Geld also, wenn man bedenkt, dass ein einfaches iPad bereits für 399 Euro erhältlich ist. Tatsächlich wäre das allerdings ein schiefer vergleich: Lagen vor zwei Jahren schon iPad Air 2 und iPad Pro leistungsmäßig weit auseinander, trennen die beiden aktuellen Geräte Welten.

Die neue Technik

Sie beginnt beim neuen A10X-Fusion-Prozessor: Der ist mehr als doppelt so schnell wie der A9 im normalen iPad. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das bei Apps, die Apples Grafikschnittstelle Metal benutzen – Affinity Photo etwa berechnet komplexe Fotoeffekte und Filter vielfach mühelos in Echtzeit. Selbst viele Desktop-PCs kämen dabei ins Schwitzen.

Abgesehen von der Rechenleistung glänzen die Geräte mit einem neuen Display. Das ist mit 600 Nits nicht nur sehr hell, erstmals bieten auch beide Geräte die (abschaltbare) True-Tone-Farbdarstellung, die die Farbtemperatur dem Umgebungslicht anpasst. Wirklich beeindruckend ist aber die neue Display-Steuerung ProMotion.

Hier regelt das iPad Pro, je nach Inhalt, dynamisch die Bildwiederholungsrate. Scrollbewegungen etwa werden jetzt mit 120 Bildern pro Sekunde angezeigt, der Unterschied ist auf den ersten Blick sichtbar. Während man Text beim Scrollen üblicherweise nicht lesen kann, bleibt er jetzt nahezu scharf, die Inhalte scheinen am Finger zu kleben. Bei statischen Inhalten oder auch Videos wird die Bildwiederholungsrate entsprechend heruntergeregelt, was den Stromverbrauch in Grenzen hält. Außerdem kommt das der Nutzung des Stifts zugute: Selbst schnell gezogene Linien werden absolut Verzögerungsfrei dargestellt.

Ein weiteres spürbares Upgrade betrifft die Kameras. Die wurden vom iPhone 7 übernommen und sind somit ausgezeichnet. Das kommt im Arbeitseinsatz vor allem dem Digitalisieren von Dokumenten zugute, außerdem ist es nun schlicht auch ein guter Fotoapparat.

Der Arbeitsalltag

Im Arbeitseinsatz fühlt sich das iPad Pro anfangs genau so an wie das Vorgängermodell. Denn schon beim alten Gerät stieß man normalerweise nie wirklich an Leistungsgrenzen. Doch bereits nach wenigen Minuten mit iOS 11 entdeckt man zahlreiche Verbesserungen für den beruflichen Einsatz:

Ein kleines, aber tolles Detail ist etwa die weitere Aufwertung der Notiz-App: Hier kann man nun mit wenigen Fingertipps ein Dokument fotografieren, in die Notiz einfügen und sogar mit Notizen, Markierungen und Kritzeleien versehen. Ein kleiner Assistent sorgt dafür, dass die jeweilige Seite automatisch korrekt zugeschnitten wird. So kann man handschriftliche Notizen auf Unterlagen sofort auf allen seinen Geräten verfügbar machen und mit anderen teilen. Besonders bei schlechtem Licht oder wenn man von etwas größerer Entfernung eine Powerpoint-Folie knipsen möchte, macht sich auch die neue Kamera im iPad Pro bezahlt.

Wer oft handschriftliche Notizen macht, wird sich außerdem freuen, dass iOS diese nun erkennt und anschließend auch durchsuchbar macht. Bei lesbarer Handschrift klappte das einigermaßen gut, in der Beta-Version erkannte iOS jedoch nur englische Wörter.

Geradezu einen Paradigmenwechsel bedeutet die Einführung eines Datei-Managers: Über die neue App „Dateien“ hat man tatsächlich Zugriff auf verschiedene Ordnerstrukturen und Cloud-Dienste: Sogar Anbieter wie Dropbox, Google Drive oder OneDrive lassen sich einbinden. Außerdem können zahlreiche Inhalte – etwa Fotos, Textschnipsel oder Links – per Drag und Drop aus einer App in eine andere gezogen werden.

Darüber hinaus kann zusätzlich zum Splitscreen-Modus mit zwei gleichzeitig geöffneten Apps nun noch eine Dritte – als darüber schwebendes Fenster – geöffnet werden. Praktisch ist das etwa für einen Messenger. Diese und einige weitere Funktionen machen das Arbeiten mit iOS 11 erheblich komfortabler. Derzeit werden die Features aber nur von Apples eigenen Apps unterstützt – bis zum Herbst ändert sich das sicher.

Fazit

Mit dem neuen iPad Pro und iOS 11 macht Apple in Sachen Produktivität einen großen Schritt nach vorn. Dennoch: Nicht für jeden ist das iPad Pro das optimale Arbeitsgerät, aber die Zielgruppe wird erheblich breiter.

Besitzer der ersten iPad-Pro-Generation brauchen nicht zu upgraden. Wer über eine Anschaffung nachdenkt, sollte sich überlegen, wie viel Leistung er oder sie wirklich braucht. Und ob man auf die hervorragende Stiftunterstützung und die gute Tastatur verzichten möchte oder nicht – schließlich kostet ein normales iPad gerade mal die Hälfte.

Fraglos ist das iPad Pro eines der besten Tablets, die bislang gebaut wurden – das allerdings lässt sich Apple mal wieder teuer bezahlen.