Berlin. Ernährungsberater sollen helfen, den Speiseplan zu optimieren. Doch der Beruf ist nicht geschützt. Kunden sollten einiges beachten.

Was ist eigentlich gesunde Ernährung? Millionen beschäftigen sich täglich mit dieser Frage, denn sie hängt unmittelbar mit unserer Lebensdauer zusammen. Laut Bundesernährungsbericht sind über zwei Drittel aller Todesfälle in Deutschland auf Erkrankungen zurückzuführen, bei denen die Ernährung alleinige Ursache ist oder als Mitverursacher infrage kommt.

Doch so enttäuschend es auch sein mag: Eine pauschal gesunde Ernährung gibt es nicht. Jeder Mensch hat andere genetische Voraussetzungen, jeder Körper andere Bedürfnisse. Sogar jede Altersgruppe muss bei der Ernährung Besonderheiten beachten, erklärt der Verband für Ernährung und Diätik zum Tag der gesunden Ernährung. Außer den gängigen Hinweisen, mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu verzehren, dafür wenig Fleisch, Süßigkeiten und Alkohol, lässt sich wenig Allgemeingültiges raten. Aus dieser unbefriedigenden Situation hat sich ein ganzer Berufszweig entwickelt: die Ernährungsberatung. Sie wird von Ärzten, aber auch von Laien angeboten, denn der Beruf Ernährungsberater ist nicht geschützt. Das sollten Verbraucher wissen:

Was ist Ernährungsberatung?

Wie vermeiden Veganer Mangelernährung, auf welche Lebensmittel sollten Schwangere verzichten, und wie lässt sich der Büroalltag ohne Fast Food überstehen? Das Feld der Ernährungsberatung ist nahezu unendlich und muss doch sehr spezifisch auf verschiedene Bedürfnisse abgestimmt sein. „Das funktioniert nur über genaue Befragung“, erklärt Klaus Winckler, Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner. Wichtig sei vor allem, was Betroffene erreichen wollen und können.

Das ist mal klar: Zu viel Fast Food ist ungesund.
Das ist mal klar: Zu viel Fast Food ist ungesund. © imago stock&people

In Fragebögen und Protokollen wird festgehalten, wie sie sich ernähren und was sich daran verbessern lässt. „Festgelegte Essenspläne sind nicht sinnvoll“, so Winckler. Wer sich beraten lässt, soll etwas an die Hand bekommen, das er dauerhaft und selbstständig im eigenen Alltag umsetzen kann. „Hilfe zur Selbsthilfe“ nennt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Dazu gehört nicht nur, dass Betroffene lernen, wie viele Ballaststoffe und welche Vitamine sie in ihrer derzeitigen Lebensphase brauchen, sondern zum Beispiel auch, wie sie passend dazu kochen und einkaufen sollten.

Wer darf beraten

Theoretisch: jeder. Gerade im Internet „lassen sich seriöse und unseriöse Angebote oft nur schwer unterscheiden“, warnt die DGE. Denn wer sich Ernährungsberater oder Ernährungstherapeut nennen darf, ist nicht gesetzlich festgelegt. Oftmals sei deren fachliche Qualifikation weder transparent noch ausreichend. Diplom-Ernährungsberater oder ähnliche Bezeichnungen gibt es nicht. „Gerade im Bereich Übergewicht und Abnehmen gibt es extrem viele kommerzielle Anbieter, die damit sehr viel Geld machen“, sagt Winckler.

2005 veröffentlichte ein Zusammenschluss aus großen Verbraucherschutz- und Ernährungsverbänden deshalb erstmals eine Rahmenvereinbarung, die bestimmte Qualitätskriterien festlegte. Einer der wichtigsten Punkte: Werbung, Handel und Vertrieb von Produkten wie Diätpillen oder -pulvern sind bei seriöser Ernährungsberatung tabu.

Ein Ratschlag: Mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag.
Ein Ratschlag: Mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag. © picture alliance / Arco Images G | dpa Picture-Alliance / Lenz, G.

Auch wer beraten darf, legten die Experten fest. „Als Fachkräfte anerkannt sind beispielsweise Diätassistenten, die eine dreijährige Ausbildung hinter sich haben, sowie studierte Ökotrophologen, Ernährungswissenschaftler und Ernährungsmediziner“, so Winckler. Da die Studiengänge Ökotrophologie und Ernährungswissenschaft an jeder Universität anders aussehen könnten, wären zusätzliche Fortbildungsnachweise von Fachverbänden ein wichtiges Qualitätskriterium.

Laut Nadia Röwe vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) werden sie von der DGE, vom Berufsverband Ökotrophologie, dem Verband der Diätassistenten, dem Verband für Ernährung und Diätetik sowie von der Deutschen Gesellschaft der qualifizierten Ernährungstherapeuten und Ernährungsberater vergeben. „Patienten sollten sich die Zertifikate immer vor der Beratung zeigen lassen“, sagt Röwe. Aber auch Mediziner müssen sich fortbilden. „Ernährungsmedizin kommt im Studium quasi nicht vor, Ärzte sollten deshalb einen sogenannten Fortbildungsnachweis gemäß Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer vorlegen können“, so Winckler.

Wer kann sich beraten lassen?

Auch hier gilt: grundsätzlich jeder. Ernährungsberatung richtet sich an Gesunde, Ernährungstherapie an Kranke, entschieden die Fachverbände 2005. Beides ist jedoch nicht gesetzlich definiert, die Grenzen können fließend sein. „Bei anerkannten Krankheiten stellt der Arzt eine sogenannte Notwendigkeitsbescheinigung aus“, so Winckler. Darunter können Krebs, Osteoporose oder Diabetes fallen, aber auch Übergewicht, Laktoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit. „Der Patient sucht sich dann einen passenden Berater, zahlt die anfallende Gebühr und bekommt einen bestimmten Anteil von der Krankenkasse erstattet“, erklärt Winckler.

Beim Kochen zu Hause kann bei der Zubereitung besser aus die Zutaten geachtet werden.
Beim Kochen zu Hause kann bei der Zubereitung besser aus die Zutaten geachtet werden. © dpa-tmn | Silvia Marks

Dieser umständliche Weg sei nötig, da Ernährungsberatung bislang kaum als Therapie anerkannt sei. „Ernährungsberatung ist noch viel zu wenig etabliert, der Bedarf ist größer als das, was derzeit gemacht wird“, so Winckler. Eine Ausnahme gebe es seit Kurzem: seltene angeborene Stoffwechselstörungen wie Phenylketonurie. „Betroffene können bestimmte Eiweiße nicht abbauen, eine spezielle Diät gilt als einzige Behandlung, hier gibt es die Ernährungsberatung jetzt auf Rezept“, so Winckler.

Gesunde müssen nicht zwangsläufig den Weg über einen Arzt wählen. Es gibt zahlreiche Angebote etwa „für Personen, die präventiv abnehmen möchten, Schwangere oder Personen, die sich grundsätzlich bei der Umstellung ihrer Ernährung unterstützen lassen möchten“, erklärt Nadia Röwe. Auch spezielle Kurse für Veganer seien keine Seltenheit mehr. Ob die Beratung dann über die Krankenkasse abgerechnet werden kann, ist jedoch fallabhängig. Die Preise für die Angebote liegen zwischen 20 und mehreren Hundert Euro.

Was zahlt die Kasse?

Die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen Ernährungsberatung für Gesunde in Form von Präventionskursen. Grundlage ist Paragraf 20 des fünften Buches des Sozialgesetzbuches. Wie genau solche Kurse aussehen, hat der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen in einem Leitfaden festgelegt. Produktwerbung, der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln, Diät-Pulvern und Allergietests sowie reine Kochkurse sind tabu.

Die Beratung muss so gestaltet sein, dass Versicherte das Gelernte nachmachen und in den Alltag integrieren können. Für Gesunde werden im Normalfall nur Gruppenseminare unterstützt, einzelne Kassen bezuschussen aber auch individuelle Beratung. Kranke werden nach Paragraf 43 SGB V bezuschusst, eine individuelle Ernährungsberatung zählt hier als „ergänzende Leistung zur Rehabilitation“. Die Höhe der Zuschüsse variiert. Die großen gesetzlichen Krankenkassen etwa übernehmen zwischen 150 bis 170 Euro pro Jahr für bis zu zwei Kurse.