Berlin. Man sitzt aufeinander, jeder hat hohe Erwartungen – und am Ende gibt es Knatsch. So muss Weihnachten aber nicht sein. Wir geben Tipps.

Klar, wir lieben unsere Familie sehr. In der Regel jedenfalls. Doch an keinem anderen Familienfest kommt die Ladung all der schlechten Eigenschaften so geballt auf den Tisch wie zu Weihnachten, wenn man plötzlich mehrere Tage eng aufeinandersitzt.

Das Fest der Liebe, das zu einem Fest der Sticheleien und fehlgeschlagenen Diskussionen werden kann. Weil jeder es gerne harmonisch hätte und das am Ende ganz selten gelingt wegen all den Erwartungen und der Emotionalität.

Ein paar Tipps, die dabei helfen, dass die Tage trotzdem einigermaßen harmonisch werden:

1. Weniger Stress – Weihnachten muss nicht perfekt sein

Die Gans soll zart und die Wohnung blitzblank sein, die Geschenke rechtzeitig verpackt und der Baum perfekt geschmückt. Aber ist das notwendig? Nein. Weniger Perfektionismus ist manchmal mehr, vor allem an Weihnachten. „Das größte Problem an deutschen Weihnachten ist die Überbedeutung dieses Festes und die emotionale Aufladung, der viele Menschen nicht gerecht werden können oder wollen“, sagt Familientherapeut Jochen Rögelein unserer Redaktion.

Der Tipp: Nehmen Sie Abschied von der Vorstellung, dass alles rund laufen muss, dass es überall blitzt und blinkt und die Plätzchen aussehen wie im Backbuch. Wer die eigenen Erwartungen herunterschraubt, wird entspannter. Und das überträgt sich auch auf andere. Plätzchen schmecken auch, wenn sie nicht schön aussehen. Und wenn die Geschenke dieses Jahr in Zeitungspapier verpackt sind, macht es auch nichts.

2. Weniger Zeitdruck – Nicht alle Termine müssen in drei Tage passen

Drei Tage sind nicht viel Zeit, wenn man sich zwischen der Verwandtschaft und möglicherweise der Familie des Partners aufteilen will. Oder wenn man alle alten Freunde wiedersehen will, die zu den Feiertagen auch zurück im Heimatort sind. Das artet schnell in Stress und Hektik aus, wenn man ständig auf die Uhr schauen muss, um den nächsten Termin nicht zu verpassen.

Der Tipp: Die Tage rechtzeitig planen und Termine bündeln. Teile der Verwandtschaft kann man vielleicht an einen Tisch bringen, die Freunde zusammen in ein Café oder Restaurant einladen. Und wenn ein Treffen in diesem Jahr nicht klappt, dann gibt es sicher einen neuen Termin. Die Tage sind jedenfalls zu schade, um sie auf der Straße oder im Dauer-Terminstress zu verbringen.

3. Aufgaben verteilen – Jeder packt mit an

Bis das Essen so perfekt auf dem Tisch landet, ist viel zu tun. Am besten, man teilt die Arbeit auf.
Bis das Essen so perfekt auf dem Tisch landet, ist viel zu tun. Am besten, man teilt die Arbeit auf. © Getty Images | GMVozd

Wenn einer denkt, er ist für alles zuständig, dann kann das nicht funktionieren. Niemand muss alleine einkaufen, kochen, den Weihnachtsbaum schmücken, Geschenke einpacken, die Verwandtschaft bespaßen, die Küche aufräumen.

Der Tipp: Aufgaben verteilen. Wer rechtzeitig abspricht, wer für was zuständig ist, erspart sich nervige Debatten und frustrierte Familienmitglieder. Der eine ist zuständig für die Lichterkette am Weihnachtsbaum, der andere für den Nachtisch. Den Tisch decken die Kinder, den Abwasch macht der Papa. Wenn jeder für ein paar Dinge zuständig ist, fühlt sich keiner ungerecht behandelt und überfordert, es gibt keine lästigen Debatten darüber, wer sich um was kümmert und einige Streitpunkte sind somit vielleicht schon vom Tisch.

4. Kein Familienhotel – Für die Verwandten lieber ein Zimmer buchen

Viele Streitpunkte gibt es auch deshalb, weil zu den Feiertagen oft Menschen eng aufeinandersitzen, die sonst nicht viel Zeit am Stück miteinander verbringen. Die Schwiegerelten kommen, die Großeltern, Tante und Onkel mit den Kindern. Da aber jeder andere Tagesabläufe und Rituale gewöhnt ist, treffen meistens unterschiedliche Vorstellungen von allerlei Dingen aufeinander. Das fängt beim Frühstück an und hört bei der Musikauswahl auf. Bleiben die Gäste auch über Nacht, wird die Luft manchmal dünn.

Der Tipp: Wer Sorge hat, dass es zu viele Konfliktpunkte gibt, sollte überlegen, ob es nicht für alle besser ist, wenn die Verwandten nicht auch noch im Gästezimmer nächtigen. Sinnvoller kann es sein, stattdessen lieber ein Hotelzimmer zu buchen. Mag sein, dass der Vorschlag im ersten Moment kränkt. Wer aber kommuniziert, dass das eher als Rückzugsmöglichkeit für alle Beteiligten denn als Rausschmiss gemeint ist, der hat am Ende wahrscheinlich entspanntere Tage.

5. Weniger Egoismus – Jeder hat eine andere Vorstellung von Weihnachten

Der eine würde gern den ganzen Nachmittag auf dem Sofa sitzen und Weihnachtslieder hören, der andere möchte gerne in die Abendmesse. Einer hätte gerne die ganze Familie um sich, der andere lieber zwischendurch ein bisschen Ruhe. Mancher findet die Bescherung vor dem Essen besser, der andere hinterher. Die EINE Vorstellung von Weihnachten gibt es nicht. Für jeden sieht sie anders aus. Alles unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach, aber versuchen kann man es wenigstens.

Nicht immer läuft es an Weihnachten so, wie man es sich wünscht. Das Problem: Jeder hat seine ganz eigenen Vorstellungen.
Nicht immer läuft es an Weihnachten so, wie man es sich wünscht. Das Problem: Jeder hat seine ganz eigenen Vorstellungen. © Getty Images | mikkelwilliam

Der Tipp: Rechtzeitig darüber sprechen, was man sich in der Familie für die Feiertage vorstellt und wünscht. Für vieles dürften sich Kompromisse finden lassen. Oder man macht am Ende eben nicht alles zusammen. Wenn jeder einen Teil seiner persönlichen perfekten Weihnachten bekommt, sind am Ende sicher alle ein bisschen glücklicher. Familientherapeut Jochen Rögelein rät: „Ein bisschen weniger starke Gefühle, dafür stabilere Freude am Geschehen und am simplen Miteinander.“ Wenn die Wünsche arg auseinandergehen bietet sich an, zu vereinbaren, dass man in diesem Jahr auf die eine Art und Weise feiert – und im nächsten Jahr eben auf die andere.

6. Jetzt nicht – Alte Konflikte besser ruhen lassen

Wie praktisch: Endlich sind alle da. Und keiner hat eine richtig gute Ausrede, um schnell wieder zu gehen. Klingt nach dem idealen Zeitpunkt, um endlich diesen alten Streit zu klären.

Der Tipp: Nicht nur Experten raten: Lassen Sie es lieber. Weihnachten ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Konflikte zu klären. Die Tage sind ohnehin schon so emotional aufgeladen. Deshalb: Entweder Konflikte frühzeitig klären – oder damit warten. Falls die Themen trotzdem zur Sprache kommen: Möglichst sachlich bleiben, die Debatte wenn möglich abbrechen und einen anderen, möglichst konkreten Termin zur Aussprache vorschlagen. So signalisieren Sie, dass Sie das Thema nicht ignorieren, sondern nur verschieben wollen. Die Feiertage sind zum gemeinsamen Feiern da – nicht zum Streiten. Wenn der Haussegen erstmal schief hängt, wird es schwer, die Feiertage noch entspannt miteinander zu genießen.

7. Pausen machen – Durchatmen wirkt Wunder

Das Programm ist an den Feiertagen meist ziemlich dicht. Vorbereitungen, Besuche, letzte Besorgungen, Geschenke einpacken, die Großeltern vom Bahnhof abholen und und und. Kaum einer kann sich wahrscheinlich über Langeweile beklagen. Kein Wunder, wenn da irgendwann der Kopf schwirrt und man dünnhäutig wird.

Der Tipp: Machen Sie Pausen – und sitzen Sie nicht die ganze Zeit zu Hause aufeinander. Stattdessen lieber raus an die Luft, egal ob bei einem Weihnachtsspaziergang oder kleinen Ausflügen. Sauerstoff und Bewegung machen den Kopf frei und Sorgen für Entspannung. Das ist nicht neu, aber an Weihnachten doppelt hilfreich. Denn: Bei dem vielen Essen tut ein bisschen Bewegung so oder so gut. Und wenn es nur ist, um den Mittagsbraten ein wenig zu verdauen und Platz für die Plätzchen am Nachmittag zu machen. Und wer trotzdem das Gefühl hat, ihm wird alles zu viel, der zieht sich einfach mal ein bisschen zurück. Dafür hat sicher jeder Verständnis.