Berlin/Hamburg. Viel Luft nach oben: Produkt-Röntgenbilder der Verbraucherzentrale Hamburg zeigen, wie die Lebensmittelindustrie Verbraucher täuscht.

Große Tüte, wenig Inhalt: Die Verbraucherzentrale Hamburg zeigt mit aktuellen Röntgenbilder, wie die Lebensmittel- und die Kosmetikindustrie Verbraucher mit Luftpackungen hinters Licht führt. Häufig enthielten Verpackungen viel mehr Luft als erlaubt, bemängeln die Verbraucherschützer. Deshalb fordern sie dringend strengere gesetzliche Regelungen.

Zusammen mit dem Eichamt Fellbach hat die Verbraucherzentrale Hamburg stichprobenartig bestimmte Lebensmittel- und Kosmetikverpackungen überprüft, nachdem sich Verbraucher über Mogelpackungen beschwert hatten. Die Röntgenaufnahmen zeigen eindrucksvoll, wie irreführend die Verpackungen häufig sind. Nun werde geprüft, ob die Packungen dem sogenannten Eichrecht entsprechen, heißt es dazu auf der Internetseite der Verbraucherzentrale.

Hälfte der Verpackung mit Luft gefüllt

Eine Liste der überprüften Produkte zeigt auf, wie hoch der Luftanteil in den einzelnen Verpackungen ist. Bei den Lebensmitteln landen demnach das „Risotto Porcino di stagione“ der Marke Scotti sowie die Frühstücksflocken „Kellogg’s Frosties“ auf den Spitzenplätzen – mit jeweils 49 Prozent Luftanteil.

Luftverpackung: Große Tüte, wenig Inhalt

„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf.
„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt.
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Montage: fmg
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen.
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest.
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto.
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf.
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind.
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft.
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben.
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig.
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme.
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein.
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest.
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen.
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt.
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich.
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft.
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein.
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent.
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
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Nur knapp dahinter stehen mit ebenfalls mindestens 45 Prozent Luft „Süßkartoffel Chips“ der Bio-Zentrale, „Crispy Cheese Tortilla Rolls“ von Poco Loco und das „Knusper Früchte-Müsli“ der Netto-Eigenmarke. „Wir fragen uns, warum bei Risotto-Reis, Falafel-Mehl und Müsli nicht möglich sein soll, was beim Abfüllen von Mehl anscheinend problemlos klappt“, kritisiert die Verbraucherzentrale auf ihrer Homepage.

Doppelte Böden bei Kosmetika

Noch extremer fallen die Testergebnisse bei den überprüften Kosmetikprodukten auf. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale liegt der Luftanteil bei zwei der drei getesteten Produkte bei weit mehr als der Hälfte. So kommt etwa die „Augenpflege Nacht“ von Biocura auf ganze 68 Prozent Luftanteil. Die Kosmetika fielen dabei vor allem durch „doppelte Böden und Tiegel mit dicken Wandungen auf“, wie es in dem Bericht heißt.

Luft- und Mogelpackungen täuschten demnach nicht nur Verbraucher, sondern seien auch ein Problem für die Umwelt. So bescheinigte auch die Deutsche Umwelthilfe erst im Sommer: Die Deutschen sind Europameister beim Verpackungsmüll.

Eichamt toleriert nur 30 Prozent Luftanteil

Die Verbraucherschützer kritisieren nicht nur die Tricksereien der Industrie, sondern auch die Politik, die Schlupflöcher und Interpretationsspielraum offen ließe. „Von den Eichämtern toleriert wird im Regelfall ein Luftanteil von höchstens 30 Prozent. Doch richtig konkrete und verbindliche Vorgaben, wie viel Luft in Packungen tatsächlich zulässig ist, sucht man in der sogenannten Fertigpackungsverordnung vergebens“, heißt es auf der Internetseite.

Deshalb fordert die Verbraucherzentrale Hamburg konkrete gesetzliche Regeln. Diese Regelungen sollte dem Wunsch der Verbraucherschützer zufolge Herstellern vorschreiben, Verpackungen vollständig zu füllen und nur in begründeten Fällen Ausnahmen zuzulassen.