Berlin. Das „Raw“-Bildformat ist nicht nur für Profis interessant. Auch aktuelle Smartphones beherrschen das Format. Die wichtigsten Antworten.

Derzeit können Verbraucher in Köln auf der „Photokina“ die neuesten Errungenschaften der Fotoindustrie bestaunen. Eine Funktion, der man dort längst nicht mehr nur im Profisegment begegnet, ist die Aufnahme im Raw-Format. Profis schwören seit Langem darauf, mittlerweile beherrschen sogar aktuelle Smartphones das Bildformat. Aber welche Vorteile bringen Raw-Aufnahmen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist das Raw-Format überhaupt?

„Raw“ meint die „Rohdaten“, die der Kamerasensor aufzeichnet. Deshalb nennt man sie auch „digitales Negativ“. Der Bildsensor (CMOS) zeichnet ein Foto als Mosaik aus vielen Millionen einzelnen Bildpunkten auf, auch Pixel genannt. Jeder Bildpunkt setzt sich aus drei zusammengehörigen Sub-Pixeln zusammen – je einer in den Grundfarben Rot, Grün und Blau. Diese Werte werden im Raw-Bild gespeichert.

Was ist der Unterschied zu normalen Fotos?

Die Rohdaten des Sensors sind von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich und müssen erst in ein allgemeinverständliches Bildformat übersetzt werden. Normalerweise wandeln Kameras die Rohdaten direkt in ein Bild im JPG-Format um. Dieses Format hat den Vorteil, dass es universal verständlich ist – vom Internetbrowser über den Computer bis hin zum Smart-TV können eigentlich alle Geräte ein JPG-Bild anzeigen.

Außerdem ist es platzsparend: Durch verschiedene Tricks speichert JPG nur Bildinformationen, die der Mensch auch wirklich sehen kann, alle übrigen Daten werden weggelassen. Dadurch braucht ein Foto oft nicht einmal ein Drittel des eigentlichen Speicherplatzes.

Warum sollte man das Raw-Format nutzen?

Weil es in der Nachbearbeitung von Fotos viel mehr Spielraum bietet. Die Bilddaten werden digital gespeichert – in Nullen und Einsen. Jedes Pixel besteht also aus drei Zahlenwerten: je einem für den Rot-, Grün- und Blauanteil. Die Farbe eines Pixels ist also immer ein Gemisch aus diesen drei Grundfarben. Ein typischer Monitor kann pro Grundfarbe 256 Abstufungen anzeigen.

Man spricht hier von 8-Bit-Farbtiefe, weil man mit Nullen und Einsen acht Stellen braucht, um diese Zahl darzustellen (28). Insgesamt erlauben acht Bit pro Grundfarbe rund 16,7 Millionen verschiedene Farbabstufungen – und vereinfacht gesagt wird so auch ein typisches JPG-Foto abgespeichert. Moderne Kameras zeichnen allerdings mit 10-, 12- oder sogar 14-Bit-Farbtiefe auf – und bieten damit ein Vielfaches an Farbabstufungen an. Dieses Mehr an Daten bleibt nur bei Raw-Fotos erhalten.

Was bringen diese zusätzlichen Bildinformationen im Alltag?

Auf den ersten Blick scheinen die zusätzlichen Daten unnötig – schließlich können diese Details mit handelsüblichen Monitoren gar nicht wiedergegeben werden, die Rohdaten müssen zur Anzeige also wieder „runtergerechnet“ werden.

Der Vorteil dieser Datenfülle wird allerdings beim Nachbearbeiten der Bilder offensichtlich, dazu hier nur eines von zahlreichen Beispielen: Hat man etwa ein Foto mit hohen Kontrasten geschossen – etwa einen hellen Himmel über einem dunklen Waldrand, kommt es vor, dass der Waldrand unterbelichtet ist – die einzelnen Bäume gehen in einem tiefen Schwarz unter, am Bildschirm sind keine Details mehr auszumachen.

Was auf den ersten Blick nicht zu sehen ist: Die Kamera hat durchaus Details der Bäume aufgenommen, doch die Unterschiede im Schwarz sind für das Auge zu fein oder gehen in der Anzeige verloren.

Ein JPG-Bild würde diesen Waldrand nun einfach als schwarze Fläche abspeichern – hellt man diesen Bereich in der Bildbearbeitung auf, treten trotzdem keine Details zutage. Anders bei der Raw-Aufnahme: Hellt man hier die „Tiefen“ auf, erscheinen plötzlich Details, die vorher unsichtbar waren. Anschließend kann das Bild ebenfalls als JPG-Datei gespeichert werden.

Sollte ich also immer im Raw-Format fotografieren?

Nein – in vielen Situationen ist JPG ausreichend, zumal Raw-Bilder viel mehr Speicherplatz brauchen und immer erst umgewandelt werden müssen, bevor man sie anschauen oder teilen kann. Für schwierige Lichtverhältnisse und Bilder, die man wahrscheinlich nachbearbeiten will, lohnt sich das Rohdatenformat aber unbedingt.

Wie bearbeite ich die Fotos?

Um ein Raw-Foto zu „entwickeln“, benötigt man entsprechende Software. Sie enthält die Profile der einzelnen Kamerahersteller und übersetzt deren Raw-Formate in ein anzeigbares Bild. Außerdem bieten die Programme meist auch Werkzeuge, um Belichtung, Scharfzeichnung, Farbsättigung und -temperatur und vieles mehr zu bearbeiten.

Unbestrittene Standardsoftware ist hier Adobes „Lightroom“ (zusammen mit „Photoshop“, etwa 12 Euro pro Monat, Apps für iOS und Android kostenlos). Eine Gratis-Alternative ist etwa „RawTherapee“. Einfache Raw-Converter sind oft zudem in besserer Bildbearbeitungssoftware enthalten.