Berlin. Die einstige Unterwäsche ist zum Hingucker geworden. Designer setzen auf moderne Stoffe kombiniert mit Transparenz und neuen Farben.

Zarte Spitze, ein Hauch von Seide, ein kleines Schleifchen, dünne Träger. Das Gegenstück: Ein Riesen-Cup, fleischfarbener Baumwollstoff, Träger so breit wie ein Gurt. Manche Frau glaubt, es gibt bei Unterwäsche nur diese beiden Extreme. Entweder verführerisch und frech oder bequem, aber unsexy. Schon seit einigen Jahren arbeiten die Dessousdesigner jedoch daran, beides zu vereinen: eine wunderschöne, erotische Optik und hohen Tragekomfort. Das gilt auch für die aktuellen Wäschetrends.

Experten in diesem Modebereich wie Alexandra von Richthofen vom Branchenmagazin „Textilwirtschaft“ sprechen sogar von einer kleinen Revolution bei BHs. So werden etwa die Bügel in Schaumschalen gelegt. Auch kneifende Gummis sind mehr und mehr passé. Die Wäscheteile sind zunehmend aus weichen Materialien gefertigt, die sich der Körperform anpassen und kaum auftragen, erklärt Dessousdesignerin Katrin Recktenwald. Außerdem muss die Optik stimmen: Das Slipbündchen ist etwa mit flacher Spitze so gearbeitet, dass der Abschluss kaum spürbar ist und sich nicht unter der Kleidung abzeichnet.

Designer setzen mehr Stoff ein

Aber nicht nur das: In den vergangenen Jahren haben viele Designer mehr Stoff eingesetzt. Das gilt auch für die kommende Herbst- und Wintersaison. „Schon die Bademode war im Sommer zugeknöpfter als in den Vorjahren. Das knappe Bikinioberteil wurde vom Bustier abgelöst und hält nun Einzug bei der Unterwäsche“, berichtet die Dessousdesignerin und -maßschneiderin Claudia Specht.

Auch von Richthofen vermutet, dass das Bustier zum Trend wird, gibt aber zu Bedenken: „Sie geben zwar einen guten Halt, sind für große Busen aber weniger geeignet.“ Die Expertin sieht auch den sogenannten Spacer auf dem Vormarsch. Diese BH-Modelle haben nahtfreie Cups, sind besonders leicht, atmungsaktiv und versprechen einen angenehmen Tragekomfort. Das Höschen gewinnt ebenfalls an Größe: „Der Taillenslip ist zurück, aber nicht als verpönter Liebestöter, sondern modisch neu interpretiert“, sagt Recktenwald.

Transparenz, Spitzen und Rüschen

Seine Form orientiert sich an der körperformenden Shapewear und kaschiert so kleine Röllchen. „Kombiniert mit einem tief dekolletierten BH sieht das spitze aus“, findet Specht. Besonders Taillenslips mit eingearbeiteter Spitze liegen im Trend: „In Frankreich und Italien sehen wir gerade sehr hoch geschnittene Höschen, deren Rückseite aus feiner, halbtransparenter Spitze gearbeitet ist“, berichtet von Richthofen. Ihrer Meinung nach könnte dieser Trend bald nach Deutschland kommen.

Zumal die Designer in der aktuellen Dessousmode viel mit Transparenz spielen – durch Spitze, Wäschetüll oder dem Einsatz von Rüschen. Dabei bestehen BH und Slip aber nicht nur durch und durch aus Spitze oder Tüll. Der zarte Stoff wird vielmehr mit anderen Stoffen kombiniert. So soll die Wäsche noch bequemer werden. „Hierfür bieten sich stützende und elastische Materialien an, die als Innenmaterial des BHs dienen und außen mit Spitze oder Wäschetüll verziert werden“, erklärt Maßschneiderin Specht.

Rosa und Hellblau sind im Kommen

„Viskose, Modal und Hochleistungsmikrofasern kommen hierbei zum Einsatz“, sagt Recktenwald. Und das zum Beispiel bei Höschen mit Spitzeneinsätzen in Dreiecksform oder BHs, deren Träger am Rücken über Kreuz führen und mit viel Spitze versehen sind.

Verführung geht eben auch etwas dezenter. Das gilt auch für die Farben: Schwarz und Weiß sind nie aus der Mode, ebenso wenig wie Champagnertöne und Cremeweiß. Doch nun sollen verstärkt Modelle in der Farbkombination Rosa und Hellblau angeboten werden. „Die Trendfarben dieses Sommers, Rose Quartz und Serenity, waren derart präsent, dass ich vermute, dass sich das auch auf die Dessous überträgt.“ Bei diesen Farbtönen handelt es sich um ein Babyblau und -rosa.

Für Männer hautfarbene Unterhemden

Und auch bei der Herrenunterwäsche tut sich einiges. Bei den neuen Shirts, die unter dem Hemd getragen werden, liegen die Ärmel schmal an und fallen unter dem Hemd nicht auf. „Manche Modelle haben verstärkte Achselzonen, sodass im Oberhemd keine Schweißflecke zu sehen sind“, sagt von Richthofen. Der Ausschnitt ist V-förmig, damit das Unterhemd nicht unter dem Hemd zum Vorschein kommt, wenn mal der oberste Knopf geöffnet wird.

Auch gibt es die neue Unterwäsche in Hautfarben statt im üblichen Weiß – so sind sie unter dem Hemd nicht zu sehen. Eine weitere Besonderheit: Die neuen Modelle haben einen Frackschnitt. Das bedeutet, dass sie hinten länger sind als vorne. Ein guter Trick: So rutscht das Hemd beim Hinsetzen nicht aus der Hose.