Karlsruhe. Nach einem Beschluss des BGH raten Experten dazu, sich Patientenverfügungen genau anzuschauen. Patientenschützer begrüßen die Neuerung.

Patienten, die im Falle einer schweren Erkrankung auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichten wollen, müssen dazu in ihrer Patientenverfügung präzise Angaben machen. Äußern sie sich nicht konkret genug, kann es auf die ebenfalls vorliegende Vorsorgevollmacht ankommen, ob lebensverlängernde ärztliche Maßnahmen beendet werden, erklärte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 61/16) Patientenschützer empfahlen, sich seine Patientenverfügung noch einmal anzuschauen.

Im entschiedenen Fall hatte eine 1941 geborene Frau aus dem Neckar-Odenwald-Kreis 2011 einen Hirnschlag erlitten. Kurz darauf kam sie in ein Pflegeheim und war wegen mehrerer epileptischer Anfälle nicht mehr ansprechbar.

Patientenverfügung soll möglichst konkret sein

Bereits 2003 und dann noch mal 2011 hatte sie allerdings zwei wörtlich identische Patientenverfügungen verfasst. Darin legte sie fest, dass im Falle eines schweren Dauerschadens ihres Gehirns „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten. Bei einem Notar erhielt eine ihrer drei Töchter eine Generalvollmacht, die auch zur Vertretung in Fragen der medizinischen Versorgung berechtigte. Darin legte die Mutter fest, dass sie bei einer unheilbaren Erkrankung keinen Wert auf lebensverlängernde Maßnahmen lege, sofern feststehe, dass eine Besserung des Zustandes nicht zu erwarten sei.

Als die Frau schließlich krankheitsbedingt künstlich ernährt werden sollte, stimmte die Tochter in Absprache mit der Ärztin diesem Schritt zu. Die anderen beiden Töchter sahen damit jedoch den Willen ihrer Mutter missachtet. Sie verlangten einen gerichtlich bestellten Kontrollbetreuer, der die Vollmachten ihrer Schwester widerruft.

Auch mündliche Äußerungen spielen eine Rolle

Der Bundesgerichtshof hielt die Patientenverfügungen der Frau für unzureichend. Ihre allgemeine Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, sei viel zu unkonkret. Es müssten klar bestimmte ärztliche Maßnahmen, ein Bezug zu konkreten Erkrankungen oder Behandlungssituationen benannt werden. Die Patientenverfügung und die notarielle Vorsorgevollmacht seien fehlerhaft. So habe die Mutter nicht geäußert, dass sie den Abbruch einer künstlichen Ernährung in einer bestimmten Behandlungssituation wünsche.

Das Gericht befand zudem, es sei nicht klar, ob sich die Tochter über den Willen ihrer Mutter hinweggesetzt habe. Nur dann könne aber ein Kontrollbetreuer bestellt werden, der die Vorsorgevollmacht ganz oder teilweise aufhebt. Das Landgericht müsse daher prüfen, ob es mündliche Äußerungen der Mutter gebe, in der keine künstliche Ernährung im Fall einer schweren Erkrankung gewünscht wurde.

Patientenschutz begrüßt Beschluss

In einer Patientenverfügung können Menschen die gewünschte Behandlung festlegen für den Fall, dass sie sich nicht mehr selbst äußern können. In einer Vorsorgevollmacht können sie bestimmen, welche Person ihre rechtlichen Angelegenheiten regeln soll, wenn sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte, dass der Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss für Klarheit gesorgt habe. Formulierungen in den Patientenverfügungen müssten hinreichend konkret sein, sagte er. Ankreuzformulare reichten nicht aus. Nach dem Beschluss seien Millionen Deutsche aufgefordert, ihre Verfügungen zu überprüfen. Der Stiftung zufolge haben rund 30 Prozent der Bürger eine Patientenverfügung abgefasst. (epd)