Berlin. Miriam Pielhau und Jana Thiel hatten den Krebs scheinbar besiegt, dann kehrte er zurück. Wir erklären die große Gefahr von Rückfällen.

Die Moderatorin Miriam Pielhau stand wie kaum eine andere Prominente für den Kampf gegen den Krebs. 2008 erkrankte sie an Brustkrebs und wehrte sich öffentlich gegen diesen „Herrn K.“, wie sie ihn nannte. Sie teilte Fortschritte und Rückschläge auf sozialen Netzwerken, schrieb ein Buch, soll den Krebs besiegt haben. Im vergangenen Jahr kehrte die Tumorerkrankung zurück, in einem anderen Organ, der Leber. An den Folgen der Erkrankung starb die 41-Jährige in dieser Woche. Ein ähnliches Schicksal ereilte auch die erst 44-jährige ZDF-Moderatorin Jana Thiel, die am Montag an den Folgen von Brustkrebs starb. Auch sie soll die Erkrankung schon einmal überstanden haben. Wovon hängt es ab, ob Krebs zurückkehrt? Und ist er dann noch gefährlicher?

Ist eine Wiederkehr jemals völlig auszuschließen?

„Fachleute gehen davon aus, dass Krebspatienten, bei denen fünf bis zehn Jahre nach der erfolgreichen Erstbehandlung keine Symptome mehr auftreten, geheilt sind“, sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes. Eine Garantie, dass der Krebs nicht wiederkehrt, gebe es aber nicht. „Ich wäre im Einzelfall eher zurückhaltend mit der Aussage, dass eine Krebserkrankung geheilt ist“, sagt auch Klaus Kraywinkel, Leiter des Zentrums für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts.

„Bei den meisten Krebsarten ist es unwahrscheinlich, dass die Erkrankung nach vielen Jahren ohne Symptome wieder auftritt“, erklärt Weg-Remers, „bei Brustkrebs ist hingegen bekannt, dass sich bei einigen Patienten Tumorzellen im Gewebe einlagern und dort viele Jahre im Ruhezustand verbleiben können, bis sie wieder aktiviert werden.“ Wodurch die Zellen wieder aktiviert werden, sei bislang unklar.

Wovon ist es abhängig, ob Krebs zurückkommt?

Zunächst ist zu unterscheiden, ob es der gleiche Krebs ist, der sich unentdeckt im Körper verbreiten konnte oder eine neue Erkrankung, etwa ausgelöst durch eine Bestrahlung des ersten Tumors. „Wenn man das befallene Gewebe untersucht, sieht man, ob es der Brustkrebs der Patientin ist, der in der Leber wieder aufgetaucht ist, oder eine ganz neue Erkrankung.“

Ob der gleiche Krebs wiederkehrt, ist auch von den biologischen Eigenschaften der Tumore abhängig. Wie hoch etwa ihre Zellteilungsrate ist und ob die Zellen Gewebegrenzen überwinden können. Davon ist abhängig, inwieweit sich die Zellen im Körper ausbreiten und auch andere Organe befallen können. „Viele dieser Vorgänge sind jedoch noch nicht vollständig erforscht“, erklärt Weg-Remers. Wichtig sei aber auch, in welchem Stadium ein Tumor bei der Erstdiagnose entdeckt wird. „Wird Brustkrebs in einem frühen Stadium entdeckt, wenn der Tumor nur etwa einen Zentimeter Durchmesser hat, stehen die Chancen für eine Heilung gut“, so Weg-Remers.

Rund 80 Prozent der Patientinnen überstehen die zehn Jahre nach der Erstbehandlung symptomfrei. Andere Krebsarten werden hingegen meist erst in einem späten Stadium diagnostiziert. „Bei Leber-, Lungen-oder Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie Krebs der Gallenwege leben die Patienten lange beschwerdefrei. Werden die Tumore schließlich entdeckt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch andere Organe schon betroffen sind“, erklärt Weg-Remers. Nur fünf bis zehn Prozent dieser Patienten können erfolgreich behandelt werden und überleben mehr als fünf bis zehn Jahre. Auch die Krebsbehandlung kann weitere Tumorerkrankungen zur Folge haben. „Eigentlich sollen Strahlen- und Chemotherapie meist auch das Rezidivrisiko senken“, sagt Kraywinkel. „Aber diese Behandlungen können selbst ein krebserregendes Potenzial haben und, wenn auch relativ selten, nach einigen Jahren eine neue Erkrankung auslösen.“

Ist wiederkehrender Krebs gefährlicher?

Nicht grundsätzlich. Bei einem sogenannten Lokalrezidiv, der Wiederkehr des Tumors im ursprünglich betroffenen Organ, besteht unter Umständen die Chance, dieses nochmals erfolgreich operativ zu entfernen. So etwa bei Brustkrebs.

Anders ist es jedoch wenn sich Metastasen, also Absiedlungen des Tumors in anderen Organen, gebildet haben. In diesen Fällen sind Krebszellen aus dem Gewebe in die Gefäße gewandert und haben sich mit dem Blut durch die Blutgefäße in andere Organe transportieren lassen. „Je nach Krebsart befallen sie bevorzugt Leber, Knochen, Lunge oder Gehirn“, sagt Weg-Remers, „dort finden sie Andockstellen.“ Die Lebenserwartung ist dann je nach Tumor sehr kurz. „In diesen Fällen kann der Patient häufig nicht mehr geheilt werden. Nur die Lebensqualität kann dann noch verbessert werden“, sagt Kraywinkel. Der Ausfall des jeweiligen Organs führt dann meist zum Tod.

Wie gehen Ärzte vor, wenn sich Metastasen gebildet haben?

„Die Nachsorgeempfehlungen sind je nach Krebsart sehr unterschiedlich“, erklärt Weg-Remers, „bei den meisten Krebsarten, bei denen sich Metastasen gebildet haben, ist die Heilungschance jedoch niedrig, denn häufig sind mehrere Organe betroffen“. Lange Zeit wurden in der Nachsorge von Krebspatienten regelmäßig sogenannte Tumormarker gemessen oder bildgebende Untersuchungen derjenigen Organe durchgeführt, in denen besonders häufig Metastasen auftreten können.

„Bei beschwerdefreien Brustkrebspatientinnen wird heute in der Nachsorge nicht mehr gezielt nach Metastasen gesucht, da in Studien gezeigt wurde, dass eine frühe Diagnose und Therapie der Metastasen den Patientinnen keine zusätzliche Lebenszeit bringt,“, erklärt Weg-Remers, „mit anderen Worten: Würde man der Patientin mitteilen, dass der Krebs wieder ausgebrochen ist, würde man nur die Krankheitsdauer verlängern – nicht die Lebensdauer.“ Eine Behandlung mit Chemotherapie oder Bestrahlung wird daher erst eingeleitet, wenn die Patientin über Beschwerden klagt. Bei Darmkrebs gebe es hingegen oft auch einzelne Tumormetastasen, die operativ entfernt werden können. „In solchen Fällen ist unter Umständen noch eine Heilung möglich“, so die Expertin.