Karlsruhe. Wohnungssuchende dürfen Maklerverträge widerrufen, wenn diese vor einer Besichtigung per E-Mail oder telefonisch geschlossen wurden.

Einen Makler per E-Mail anfragen, als Antwort ein Exposé im Anhang erhalten, telefonisch eine Besichtigung vereinbaren – kann man so einen Maklervertrag abschließen? Ja, kann man, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe. Allerdings hat man dann auch ein Widerrufsrecht nach den Regeln über Fernabsatzverträge. (Az.: I ZR 30/15 und 68/15)

Zugrunde lagen dem zwei Verfahren, in denen Grundstückskäufer ihrem Makler die Provision nicht zahlen wollten. „In beiden Fällen gehen die Makler leer aus“, sagte der Vorsitzende Richter des ersten Senats, Wolfgang Büscher, bei der Urteilsverkündung.

Vertragsschluss per E-Mail oder Telefon

Die Verträge seien als Fernabsatzgeschäft zustande gekommen – nämlich per E-Mail beziehungsweise Telefon. Zum Zeitpunkt der Besichtigung war der Vertragsschluss damit jeweils schon erfolgt, wie Büscher erläuterte. Für die Kunden folgt daraus ein gesetzliches Recht, das Geschäft innerhalb der vorgesehenen Fristen zu widerrufen. Die vertragliche Pflicht, dem Makler eine Courtage zu zahlen, entfällt damit.

Bei der Verhandlung stritten die Parteien darüber, ob die Regeln zum Verbraucherschutz bei Fernabsatzgeschäften überhaupt passten. „Fernabsatz – das ist schnelles, knackiges Geschäft“, sagte Anwalt Siegfried Mennemeyer, der im Prozess die Seite der Makler vertrat. „Man sieht sich nicht.“ Anders dagegen der Makler und sein Kunde: Der Makler müsse „am Objekt und am Kunden arbeiten“, sonst verdiene er kein Geld, sagte Mennemeyer. Der BGH sah darin allerdings bereits die Leistung des Maklers, der eigentliche Vertragsschluss liege davor.

Viele Makler arbeiten schon mit Widerrufsbelehrungen

Das Recht über Fernabsatzgeschäfte hat sich zwischenzeitlich zwar etwas geändert. Das Urteil habe dennoch Auswirkungen auf die aktuelle Rechtslage, sagte der Vorsitzende Richter Büscher. „Die Situation hat sich für Makler nicht verbessert.“

Die haben sich Anwalt Mennemeyer zufolge allerdings schon darauf eingerichtet. Mit dem Widerrufsrecht geht einher, dass die Makler ihre Kunden über dieses Recht aufklären müssen. Andernfalls verlängert sich die Widerrufsfrist. Die meisten Makler arbeiteten aber auch bereits mit Widerrufsbelehrungen, sagte Mennemeyer.

Oberlandesgerichte waren uneins

Die Oberlandesgerichte in Schleswig-Holstein und Thüringen, aus deren Einzugsbereich die zwei Grundstückskäufer stammen, hatten zuvor unterschiedliche Urteile gefällt. Während das Thüringer Gericht dem einen Käufer Recht gab, hielt man in Schleswig-Holstein den Widerruf des Maklervertrags für unzulässig. Die Vorschriften für Fernabsatzgeschäfte seien nicht anwendbar, da der Kunde gewusst habe, dass der Makler eine Provision nehme. Er müsse daher nicht vor einer übereilten Entscheidung geschützt werden. Das sah der BGH nun anders. (dpa)