Berlin. Regen hat zahlreiche Erdbeerfelder in Deutschland verwüstet. Was Verbraucher jetzt für die Früchte zahlen und worauf sie achten müssen.

Erdbeeren sind laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium die „zweitwichtigste Obstart“ in Deutschland – nach Äpfeln. Allein 2015 ernteten Anbauer auf 14.700 Hektar Fläche 172.588 Tonnen der roten Früchte, 12.125 davon wuchsen in Glasgewächshäusern. Die meisten pflückten Erntehelfer in Niedersachsen: 46.500 Tonnen. In Nordrhein-Westfalen waren es 35.500 Tonnen, in Baden-Württemberg 32.400.

Auch 2016 hatten viele nach dem milden Winter und dem regenarmen Frühjahr mit Rekordernten gerechnet – doch Hagel, Sturm und Sturzregen zerstörten in den letzten Wochen zahlreiche Erdbeerfelder. In Teilen Deutschlands rechnen Anbauer mit Ernteverlusten um 50 Prozent.

Steht eine Erdbeeren-Krise bevor?

„Nein“, sagt Simon Schumacher, Geschäftsführer des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer, „die Ernte der frühen Sorten wie Clery oder Honeoye ist im Süden Deutschlands schon durch, späte Sorten wie Malwina kommen erst noch.“ Zudem seien große Anbaugebiete im Norden, etwa im Hauptanbauland Niedersachsen weniger stark von den Unwettern betroffen als der Südwesten Deutschlands. „Dort hat es Anbauer in einigen Regionen allerdings hart erwischt“, erklärt Schumacher. Vor allem die Erdbeerfelder in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben gelitten.

„Im Freilandanbau sind zwischen 20 und 50 Prozent der Ernte verfault, etwa jede zweite Erdbeere ist von Pilzen befallen und muss gepflückt werden, damit sich andere nicht anstecken“, so Schumacher. Kritisch seien vor allem schwere Böden: Das Wasser kann nicht abfließen, es verdunstet nicht viel und bei warmen Temperaturen fühlen sich Schädlinge und Pilze hier besonders wohl. „Hinzu kommt, dass die Pflanzen sehr viel Wasser aufnehmen, die Festigkeit leidet und es kommt schnell zu Druckstellen“, sagt Schumacher.

Hochzeit für Marmeladen-Macher

Die Erdbeeren, die nach den Unwettern in aller Eile gepflückt wurden, verlieren daher schnell ihre ansehnliche Form. Entsprechend voll sind die Regale und niedrig die Preise. „Wärme und massenhafte Regenschauer bescherten einerseits eine überreichliche Versorgung aus einheimischem Anbau. Die optimale Qualität der Früchte war andererseits nicht von langer Dauer“, wie es die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in ihrem wöchentlichen Marktbericht formuliert. Bei Stichproben quer durch Deutschland seien 500-Gramm-Schälchen teils für nur 50 Cent verkauft worden.

Der durchschnittliche Preis für 500 Gramm deutsche Erdbeeren lag nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in der vergangenen Woche bei 1,92 Euro und damit um etwa 10 Cent höher als zur gleichen Zeit 2015. Der Preis werde aber in den nächsten Wochen weiter sinken, vermuten die Experten.

Schumachers Empfehlung: „Jetzt ist die perfekte Zeit für Marmelade. Die Früchte schmecken momentan sehr süß und sind günstiger zu haben. Wer mehrere Schalen kauft, sollte direkt am gleichen Tag mit dem Einkochen beginnen.“ Wer die Früchte lieber im Ganzen nasche, solle wenige kaufen und sie sofort verspeisen.

Qualität an der Güteklasse ablesen

Doch nicht die komplette Ernte ist verregnet. „In den betroffenen Gebieten wachsen auch einige Erdbeeren in Glasgewächshäusern“, sagt Schumacher. Allein in Baden-Württemberg sind es knapp 3400 Tonnen, in NRW sogar mehr als 3500.

Insgesamt machen die geschützt wachsenden Früchte jedoch nur einen kleinen Anteil aus. „Wenn der Regen nun abnimmt und die Temperaturen bei etwa 25 Grad bleiben, wird auch die restliche Freilandernte gut ausfallen“, hofft Schumacher. Künftige Ernten seien nicht gefährdet, da Erdbeerpflanzen ohnehin nur maximal zwei Jahre blühen. Was in diesem Jahr zerstört wurde, wird für das kommende Jahr neu gepflanzt. Wer aber schon jetzt schöne, leckere Früchte sucht, um etwa einen Kuchen zu dekorieren, muss sich in den kommenden Wochen auf das Kleingedruckte konzentrieren.

Sowohl auf loser als auch auf abgepackter Ware muss die Güteklasse der Früchte angegeben sein. „Klasse Extra“ steht dabei für höchste Qualität, die Erdbeeren dürfen keine Mängel haben und sollten mindestens 25 Millimeter groß sein, erklärt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Klasse I“ dürfe leichte Fehler und Druckstellen haben, „Klasse II“ auch noch auf Unreife hindeutende weiße Stellen.

Mehr Vitamine als Zitronen und Orangen

3,4 Kilogramm Erdbeeren vertilgen die Deutschen pro Kopf und Jahr, damit liegen die roten Früchte an fünfter Stelle im Obst-Ranking. Weit davor liegen Äpfel (23 Kilogramm pro Kopf und Jahr), gefolgt von Bananen (12,1), Tafeltrauben (5,2) und Pfirsichen (3,6).

In 100 Gramm Erdbeeren stecken nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nur etwa 35 Kilokalorien, kaum Kohlenhydrate und nur Spuren von Fett – dafür etwa 55 Milligramm Vitamin C, mehr als in Zitronen oder Orangen.

Mit 200 Gramm lässt sich schon der Vitamin-C-Tagesbedarf eines Erwachsenen von etwa 110 Milligramm decken. Darüber hinaus enthalten Erdbeeren Kalium, Calcium, Magnesium und etwa 45 Mikrogramm Folsäure. Diese ist besonders für Schwangere wichtig, die davon etwa 550 Mikrogramm pro Tag zu sich nehmen sollten.

Pestizidrückstände sind laut einer aktuellen Untersuchung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kaum ein Problem. Nur 0,1 Prozent der heimischen Früchte wurden in den letzten fünf Jahren beanstandet, bei keiner einzigen Probe wurden Höchstgehalte überschritten.