Frankfurt/Main. Der Widerruf von Immobiliendarlehen und Lebensversicherungen ist nur noch bis zum 21. Juni möglich. Im Streitfall kann es teuer werden.

Es eilt und ist nicht ohne Risiko. Aber noch können Kreditverträge aus den Jahren 2002 bis 2010 widerrufen werden. Ebenso Lebensversicherungen, die zwischen 1991 und 2007 abgeschlossen wurden. So kann man, ohne zu kündigen und ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, von teuren auf niedrige Zinsen umsteigen. Oder aus renditeschwachen Lebensversicherungen aussteigen.

Wichtige Voraussetzung: Die Kredit- oder Lebensversicherungsverträge müssen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalten. Das ist bei der Mehrheit etwa der rund zehn Millionen Kreditverträge aus dieser Zeit der Fall.

Doch mit dem einst „ewigen“ Widerrufsrecht hat der Bundestag Schluss gemacht. Nun können solche Verträge nur noch bis zum 21. Juni dieses Jahres widerrufen werden. Den Druck haben vor allem die Sparkassen erzeugt. Ihnen drohten die Kündigungen zu teuer zu werden, weil sie für die Kredite für heutige Verhältnisse recht hohe Zinseinnahmen erhielten. Auf der entsprechend teuren Refinanzierung aber blieben sie sitzen.

Bundestag begrenzte das „ewige Widerrufsrecht“

Deshalb hat der Bundestag das Kündigungsrecht befristet. Jetzt müssen sich die Kreditkunden sputen. Anwälte locken damit, beim „Widerrufsjoker“ zu helfen. Zuweilen kann es aber schon zu spät sein. Die Verbraucherzentrale Hamburg etwa warnt: Würden jetzt noch Verträge eingereicht, „können wir nicht gewährleisten, dass eine Prüfung noch vor dem 21. Juni 2016 durchgeführt wird“.

Diese Vorarbeit ist wichtig, um festzustellen, ob die Widerrufsbelehrung des Kreditvertrages fehlerhaft war. Es kann zum Beispiel nicht exakt über den Beginn der Widerrufsfrist informiert worden sein. Dann, so haben Gerichte entschieden, habe diese Frist nie begonnen und könne entsprechend auch noch nicht ausgelaufen sein. Solche Prüfungen übernehmen etwa Verbraucherzentralen, Anwälte oder auch die ebenfalls kommerziell ausgerichtete Interessengemeinschaft Widerruf in Eschborn bei Frankfurt.

Auch Verträge, bei denen die Zinsbindung schon einmal erneuert wurde, fallen noch unter das Widerrufsrecht. Solange nicht neues Geld hinzugenommen oder die Bank gewechselt wurde, gelten sie als Altverträge: Deren Widerrufsfrist lief wegen des Fehlers nicht an, endete deshalb auch nicht, kann also noch genutzt werden, auch noch nach Jahren. Zuvor sollte jedoch – außer der Prüfung der Widerrufschance – die Anschlussfinanzierung sicher sein. Denn das bisherige Kreditinstitut könnte sauer reagieren und keinen neuen Vertrag mit in der Regel nun günstigeren Konditionen anbieten.

Anwaltskosten betragen schnell 2000 Euro – oder mehr

Auch sollte man sich auf im Schnitt rund 2000 Euro Anwaltskosten einstellen. „Fast alle Kreditinstitute weisen einen Darlehenswiderruf zunächst als unwirksam zurück und zeigen sich relativ unnachgiebig“, erklärt Armin Wahlenmaier, Fachanwalt für Kapitalmarktrecht in der Kanzlei Trewius: „Erst wenn ein Rechtsanwalt für den Darlehensnehmer tätig wird und das Kreditinstitut deshalb konkret damit rechnen muss, gerichtlich verklagt zu werden, kommt Verhandlungsbereitschaft auf.“

Verweigert sich die Bank jedem Gespräch, muss notfalls Klage erhoben werden. Die sei aber nicht risikofrei, sagt der Widerrufexperte Roland Klaus: „Vor Gericht wird es in der Regel deutlich teurer, allein deswegen, weil die Gerichte häufig hohe Streitwerte festsetzen, weil der Kläger dann auch kalkulieren muss, im Falle eine Niederlage auch die Kosten der Gegenseite zu tragen.“ Da liege das Kostenrisiko schnell im fünfstelligen Bereich.