Berlin. Viele Arbeitnehmer haben noch bis Ende 2019 Zeit für ihre freiwillige Steuererklärung. Warum sich eine verspätete Abgabe lohnen kann.

Viele Steuerpflichtige blicken derzeit mit Unbehagen auf den Kalender. Denn landläufig gilt der 31. Mai als Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung 2015. Doch Millionen Arbeitnehmer haben tatsächlich noch Zeit – und zwar bis Ende 2019. Wir erklären, wer sich bei der Steuererklärung sputen muss und warum sich eine verspätete Abgabe lohnen kann.

Wer muss die Frist einhalten?

Das gilt für: Arbeitnehmer oder Pensionäre, die Nebeneinkünfte etwa aus Mieten oder selbstständiger Arbeit von mehr als 410 Euro im Jahr haben – Einkünfte aus pauschal versteuerten Minijobs spielen hier keine Rolle; Arbeitnehmer, die Lohnersatz wie Eltern-, Kurzarbeiter-, Kranken- oder Arbeitslosengeld von mehr als 410 Euro im Jahr erhalten haben; Unternehmer und Selbstständige, die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit haben; berufstätige Ehepaare, wenn sie etwa die Lohnsteuerklassen III und V gewählt haben oder wenn ein Partner die Einzelveranlagung für 2015 beantragt hat; Arbeitnehmer oder Pensionäre, die nach Steuerklasse V oder IV mit Faktor oder VI besteuert werden oder denen das Finanzamt einen Lohnsteuerfreibetrag – ausgenommen für Behinderte, Hinterbliebene und Kinder – gewährt hat.

Die Frist gilt zudem für: Rentner, wenn sie nach Abzug von Werbungskosten, Frei-, Pausch- oder Entlastungsbeiträgen Einkünfte von mehr als 8472 Euro (Paare 16.944 Euro) im Jahr hatten; für getrennt lebende wie geschiedene Ehepartner, die vom Ex-Partner Unterhalt bekamen, den dieser als Sonderausgaben absetzt; für Arbeitnehmer mit erhaltener Sonderzahlung oder einer bei der Lohnsteuer berücksichtigten Vorsorgepauschale, wenn diese höher ist als der tatsächlich mögliche Abzug für Vorsorgeaufwendungen. Außerdem muss jeder eine Einkommensteuererklärung abgeben, der vom Finanzamt dazu aufgefordert wird.

Was kann ich tun, wenn mir die Zeit davonläuft?

Wer den Termin 31. Mai nicht halten kann, sollte beim Finanzamt eine begründete Fristverlängerung beantragen. Ansonsten droht ein Aufschlag. Eine Fristverlängerung wird bis zum 31. Dezember auch ohne Antrag gewährt, wenn die Steuererklärung durch einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein angefertigt wird. Auf Antrag kann die Abgabe sogar Ende Februar 2017 erfolgen.

Was bringt eine freiwillige Steuererklärung?

Für Millionen Arbeitnehmer, für die keine der oben genannten Bedingungen zutrifft und deren Lohnsteuer wie vorgeschrieben vom Arbeitgeber abgeführt wird, ist die Erklärung der Einkommensteuer freiwillig. Schätzungen zufolge rechnen etwa zehn Millionen Arbeitnehmer nicht mit dem Finanzamt ab und verschenken dadurch Geld. Das Statistische Bundesamt hat im März Zahlen veröffentlicht, wonach 90 Prozent der Steuerpflichtigen, die für das Jahr 2011 eine Steuererklärung abgegeben hatten, im Schnitt 875 Euro erstattet bekamen.

Warum kann es sich lohnen, mit der freiwilligen Erklärung zu warten?

Rein rechtlich können sich Arbeitnehmer mit der freiwilligen Steuererklärung sehr viel Zeit lassen – bis zum 31. Dezember 2019. Ab dem 16. Monat, nachdem das Steuerjahr zu Ende gegangen ist, wird der zu erstattende Betrag vom Staat sogar mit 0,5 Prozent pro Monat, also insgesamt sechs Prozent pro Jahr, verzinst. Allerdings müssen die Empfänger auf die Zinsen Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag zahlen – zusammen 26,4 Prozent. Eventuell kommt noch die Kirchensteuer hinzu.

„Dennoch kann da eine ordentliche Rendite von einem solventen Zahler, dem Staat, herausspringen“, sagt Udo Reuß, Steuerrechtsexperte beim gemeinnützigen Online-Verbraucherportal Finanztip. Was das bedeuten kann, macht seine Rechnung deutlich: Ein Steuerzahler, der die Abgabe der Steuererklärung 2015 bis zum letzten Moment, Dezember 2019, hinauszögert und 2500 Euro Steuern im Mai 2020 zurückbekommt, kann mit Zinsen in Höhe von 475 Euro rechnen. Der Fiskus zahlt diese für den Zeitraum von April 2017 bis Mai 2020: 38 Monate mit dem monatlichen Zinssatz von 0,5 Prozent. Nach Abzug von Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag bleiben dann nach der Finanztip-Musterrechnung 349,60 Euro übrig.