Hamburg. Immobilienportale können nur begrenzt vor Betrügern schützen, die im Netz zu schnellem Geld kommen wollen. Wir erklären ihre Tricks.

Sören Sieg ist verärgert. Der Hamburger, der aktuell eine Drei- bis Vierzimmerwohnung für bis zu 1700 Euro Warmmiete in der Nähe von Eimsbüttel, Lokstedt oder Hoheluft sucht, hat soeben eine Alarmnachricht von einem Immobilienportal erhalten. In der wird ihm eine 148 Quadratmeter große Wohnung am Großen Burstah 34, also mitten in der City, für nicht mehr als 735 Euro Kaltmiete im Monat angeboten. „Das kann doch nicht sein, das läuft ja auf einen Quadratmeterpreis von knapp fünf Euro heraus“, rechnet Sieg nach. Viel zu preiswert für diesen Standort. Schnell wird ihm klar: Es kann sich nur um ein Lockangebot handeln, bei dem Betrüger versuchen, Wohnungssuchende über den Tisch zu ziehen. Doch dazu später.

Jedenfalls hat der 49-Jährige recht, wie die Nachfrage unserer Redaktion bei der Frankonia Eurobau zeigt. Sie bietet an oben genannter Adresse zwar auch Wohnungen in einem schicken Neubau an: Gemietet werden können dort allerdings nur Büros. Und die Wohnungen, die sie dort zum Kauf anbietet, kosten gut eine Million Euro und mehr. Eindeutig wird hier also niemals ein Käufer als Vermieter einen Mietpreis von nur fünf Euro pro Quadratmeter aufrufen. Doch Sieg bekommt Angebote dieser Art mehrfach am Tag. Immer wieder kündigt ihm das Immobilienportal, das sich rühmt Marktführer zu sein, per Alarmmeldung sogenannte „Treffer“ an, seitdem er dort den Benachrichtigungsdienst aktiviert hat.

So wurde dem Familienvater beispielsweise an der Virchowstraße in Altona-Altstadt ein 103 Quadratmeter großes, helles Penthouse zu einer Kaltmiete von 915 Euro angeboten. Mit gut 9 Euro/m2 ebenfalls viel zu preiswert für diesen Standort. Das weiß auch Sieg und es wundert ihn, dass dies nicht auch den Profis auffällt. „Zumal bei diesen Angeboten nahezu immer mit derselben Optik geworben wird“, sagt er.

Mit einem Foto für diverse Wohnungen werben

Tatsächlich hat die Bildsuche via Google ergeben, dass mit dem Foto, das angeblich eine schick eingerichtete Wohnung am Großen Burstah zeigt, für Wohnungen auch in Gera und anderswo geworben wird – zudem noch im selben Portal. „Offensichtlich ein Scam – ein Lockangebot“, sagt Sieg.

Mit Scams bezeichnet man Offerten im Internet, bei denen Betrüger unter Angabe falscher Identität etwas anbieten – im Falle von Immobilien beispielsweise eine schicke Wohnung oder Ferienimmobilie. Das Listige dabei: Sie verlangen Vorkasse. Bei einer Wohnung beispielsweise, um sie überhaupt besichtigen zu können. Angebliche „Vermieter“ schlagen dann vor, den Wohnungsschlüssel gegen eine Kautionszahlung zu schicken, wie die Betrugsexperten der Polizei erläutern. Sie warnen angesichts angespannter Mietmärkte derzeit ganz besonders vor Betrügern im Internet.

Wer auf ihre Tricks reinfällt, wird schnell feststellen müssen: Das Geld ist weg – und die Immobilie wird man nie zu sehen bekommen. Deshalb lautet der Rat der Polizei: Niemals Geld überweisen, bevor man die Wohnung oder das Objekt besichtigt hat. Und selbst zu diesem Zeitpunkt sollte man kritisch hinterfragen, ob man es auch wirklich mit dem Eigentümer und Vermieter zu tun hat. Denn auch davor schrecken Betrüger nicht zurück: sich als Eigentümer auszugeben.

Gegenmaßnahmen schützen nur kurzfristig

Sören Sieg war vorgewarnt. Zu seinem Glück, wie er sagt. „Schon als ich vor Jahren für meinen Sohn auf Wohnungssuche war, wären wir beinahe solchen Scams auf den Leim gegangen.“ Umso mehr erstaunt es ihn, dass offenbar die Betreiber von Immobilienportalen nichts dazugelernt haben. Oder wie erklärt es sich, dass offensichtliche Scams scheinbar ungeprüft an Nutzer weitergeleitet werden?

Auf Nachfrage heißt es bei ImmobilienScout24: „Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere technischen Sicherungsmaßnahmen zu optimieren. Dies gleicht allerdings oftmals einem ,Katz-und-Maus-Spiel‘, da die Betrüger ihrerseits ihre Strategie kontinuierlich anpassen. Dazu gehört, dass sie sich immer wieder mit einem neuen Nutzerkonto und einer neuen E-Mail-Adresse anmelden. Ebenso werden Objektbeschreibungen und Fotos variiert, um unsere Sicherungsmaßnahmen zu umgehen.“ Sobald sich aber der Verdacht erhärte, es handle sich um einen Betrugsfall, würde das Angebot gelöscht und das dazugehörige Anbieterkonto gesperrt werden. Immerhin, betont Sprecherin Sonja May, würde das Portal monatlich auf rund zwölf Millionen User kommen. Sie rät Nutzern, solche Angebote sofort dem Portal zu melden, damit man reagieren kann.

Zahlungsaufforderungen in jeglicher Form verweigern

Sören Sieg hat dies getan. „Die Fake-Angebote wurden relativ schnell gelöscht“, gibt er zu. Dennoch wundert es ihn, dass er von anderen Portalen, bei denen er ebenfalls einen Benachrichtigungsdienst aktiviert hat, bislang keine vergleichbaren Scams erhalten hat.

Aber auch hier, das zeigt die Nachfrage, ist man sich des Risikos bewusst. „Wir arbeiten eng mit den zuständigen Behörden zusammen und haben zum Teil selbst Strafanzeige bei der Polizei gegen unbekannt erstattet. Nach unserem Kenntnisstand konnte leider bislang kein Täter ermittelt werden“, heißt es. Was bleibt, ist der Rat von Betrugsspezialisten der Polizei und Portalbetreibern: Bei Schnäppchen sofort alarmiert sein und Zahlungsaufforderungen in jeglicher Form verweigern.

Sieg hofft, dass er durch das Melden der Scams dazu beitragen konnte, den Betrügern ihr Geschäft zu verleiden. „Die kurze Zeit wird doch hoffentlich nicht ausreichen, anderen Geld aus der Tasche zu ziehen?“, sagt er.