Essen. Der Ursprung der Massage wird in China oder Persien vermutet. Es gibt sie in vielen Varianten, von klassisch bis exotisch. Eine Übersicht

Der Kopf schmerzt, die Stirn fühlt sich an, als könne sie jeden Moment platzen: Fast automatisch legen wir die Finger an die Schläfen, machen kreisende Bewegungen, lassen die Finger zu den Augenbrauen gleiten, verstärken den Druck.

Aus diesem instinktiven Drang, schmerzende Stellen zu berühren, die Spannung durch Reiben und Drücken zu lösen und Linderung zu verschaffen, soll sich vor Jahrhunderten die heilende Kunst der Massage entwickelt haben – die ihren Namen erst wesentlich später erhielt. In China, vielleicht auch in Persien vermutet man ihren Ursprung.

Heute dient sie längst nicht mehr nur der Gesundheit, sondern auch dem Wohlfühlen und ist in unzähligen Varianten verfügbar: thailändisch, indisch, hawaiianisch, japanisch, chinesisch, unter Wasser, mit Aromaölen, Bürsten, Stäben, heißen Steinen, vierhändig – oder ganz klassisch.

Richtig ausgeführt, entspannt eine Massage die Muskulatur und steigert die Durchblutung; manche Massageformen sollen zudem reflektorisch wirken – das bedeutet, dass sie zusätzlich zu einem lokal begrenzten Effekt auch auf andere Körperstellen und innere Organe ausstrahlen.

Bewährte Klassiker

Der Klassiker unter den Massagen wird auch als solcher bezeichnet: Die klassische (oder schwedische) Massage kommt bei Muskelverspannungen und Schmerzen zum Einsatz. Sie soll Blockaden lösen, die etwa durch Fehlhaltungen, Stress oder orthopädische Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle entstehen. Auch bei Nervenschmerzen oder Sensibilitätsstörungen wird diese Massageform verordnet.

Ebenfalls ein Klassiker, aber den meisten unter dem Begriff „Massage“ weniger geläufig, ist die Lymphdrainage. „Dabei ist sie die Massageart mit dem größten medizinwissenschaftlichen Hintergrund“, sagt Peter Gseller, Arzt, Sportphysiotherapeut, sogenannter medizinischer Bademeister und Masseur sowie Mitglied im Deutschen Wellnessverband – und somit Experte in Sachen Massagen.

Die sanften Schub- und Drehgriffe der Lymphdrainage regen den Lymphfluss an, der infolge von Erkrankungen, Verletzungen, nach bestimmten Operationen oder nach einer Bestrahlungstherapie gestört sein kann.

Leichte Schmerzen müssen nicht beunruhigen

Beide Massageformen, klassische Massage und Lymphdrainage, werden außerdem zur allgemeinen Entspannung eingesetzt. Trotzdem können – und dürfen – während der Behandlung leichte Schmerzen auftreten, „so lange sie wohltuend und erlösend sind“, sagt Peter Gseller.

Wer Massagen nicht gewohnt ist, könne danach durchaus Beschwerden bekommen, die einem Muskelkater ähneln. Auch blaue Flecken müssten nicht automatisch auf eine schlechte Technik hinweisen. Einige spezielle Massageformen können kurzzeitig stärkere Schmerzen hervorrufen, die allerdings sehr schnell abklingen sollten, so Gseller. „Wenn die Beschwerden nach der Behandlung weiter andauern, ist möglicherweise etwas falsch gelaufen.“

Ob die Massage nun auf Rezept oder als reine Wellnessbehandlung erfolgt – ein Masseur müsse immer sichergehen, dass der Patient oder Kunde keine gesundheitlichen Probleme hat, die einer Massage entgegenstehen, sagt Gseller. Solche sogenannten Kontraindikationen können etwa akute Entzündungen, bestimmte Hauterkrankungen, Osteoporose oder Arteriosklerose sein.

Seltene Spezialbehandlungen

a der Nutzen traditioneller Massagetechniken längst erwiesen war, entwickelte der Arzt Paul Vogler in den 50er-Jahren eine neue Form, die die medikamentöse Behandlung von Verdauungsstörungen ersetzen oder zumindest ergänzen sollte: Kennzeichnend für die sogenannte Colonmassage sind ruhige streichende Bewegungen, mit denen der Bauch des Patienten massiert wird. Über die Stimulation bestimmter Druckpunkte soll der Darm angeregt werden.

Die Colonmassage wird heute laut Heilmittelkatalog hauptsächlich bei Störungen der Dickdarmfunktion verschrieben und kommt daher auch bei querschnittsgelähmten Patienten zum Einsatz, die infolge ihrer Erkrankung unter Verdauungsproblemen leiden. Ebenfalls bei Verdauungsstörungen, aber auch bei Gelenkfunktionsstörungen oder rheumatischen Erkrankungen, wird die eher schmerzhafte Bindegewebsmassage angewandt. Sie wurde 1929 von der Physiotherapeutin Elisabeth Dicke entwickelt und soll nicht nur die Durchblutung fördern, sondern auch reflektorisch auf innere Organe wirken können.

Eine andere Spezialvariante ist die Periostmassage nach Paul Vogler und Herbert Krauß, auch als reflektorische Knochenhautmassage bekannt: Der Masseur übt dabei an den zu massierenden Stellen punktförmig Druck mit seinen Fingerknöcheln aus, und regt so Durchblutung und Zellregeneration an. Die Periostmassage wird heute als ergänzendes Heilmittel verschrieben, um den Stoffwechsel zu verbessern und Schmerzen zu lindern.

Beliebte Exoten

Nicht zum Programm des Heilmittelkatalogs zählen die asiatischen Massagen, obgleich sie eine lange Tradition haben. Bei der Tuina-Therapie, einem wichtigen Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin, kommt ein komplexes System von Schiebe-, Reibe- und Ziehtechniken zum Einsatz. Akupressurpunkte und Energielinien (Meridiane) spielen eine wichtige Rolle. Tuina ist auch als Selbstmassage anwendbar. Das japanische Shiatsu hat sich aus der Tuina entwickelt.

Die Ayurvedamassage ist Bestandteil der traditionellen indischen Heilkunst Ayurveda. Sie arbeitet vor allem mit streichenden Bewegungen und aromatischen Ölen. Besonders populär ist die oftmals vergleichsweise günstige Thaimassage, die neben Akupressur auch Yogaelemente enthält und in der Regel den ganzen Körper miteinbezieht.

Grundsätzlich hat Peter Gseller nichts gegen diese Formen der Massage einzuwenden, sieht sie jedoch kritisch, wenn sie aus ihrem „komplexen System herausgelöst und angewandt werden, ohne dass der Mensch genauer untersucht und umfassend betrachtet wird“.

Viele Institute, die Tuina oder Shiatsu lehren, weisen deshalb darauf hin, dass vor und nach der Behandlung eine genaue Befragung stattfinden müsse, um dem Patienten individuell gerecht werden zu können und Kontraindikationen auszuschließen.

Da anders als etwa bei ausgebildeten Physiotherapeuten und Masseuren in Deutschland kein einheitlicher qualifizierender Abschluss für Anwender dieser Massagearten möglich ist, können Kunden sich hier nur auf Mundpropaganda und das eigene Bauchgefühl verlassen – „und im Zweifel bei gesundheitlichen Problemen unbedingt zu einem ausgebildeten Masseur gehen“, rät Gseller.