Berlin. Der Bundesgerichtshof hat den Verkauf von E-Zigaretten verboten und damit viele Fragen aufgeworfen. Wir geben die passenden Antworten.

Sie ist gefragt wie nie: die elektrische Zigarette. Rund 275 Millionen Euro kassierten Händler 2015 in Deutschland für Geräte und Zubehör. Raucher schätzen die E-Zigarette als weniger schädliche Alternative zum Tabakqualmen, Kritiker geißeln sie als Einstiegsmodell zur klassischen Nikotinsucht. Denn unter Jugendlichen gelten die elektrischen Glimmstängel als cool. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind kaum untersucht, auch rechtlich gab es bislang keinen Rahmen. Im Februar hat der Bundesgerichtshof den Handel zwar vorerst verboten, die meisten Händler ignorieren das Urteil jedoch. Denn bis zum 20. Mai muss der Bundestag die EU-Tabakrichtlinie in deutsches Recht umsetzen – sie erlaubt den Verkauf von E-Zigaretten. Die wichtigsten Fakten.

Was sind E-Zigaretten eigentlich?

Der Begriff steht für „elektrische Zigarette“. Im Gegensatz zu normalen Zigaretten wird kein Tabak verbrannt und inhaliert, sondern eine mit Hitze verdampfte Flüssigkeit. „Jede E-Zigarette besteht aus einem Batterieteil (Akku), einem Verdampfer und einem Mundstück“, erklärt Philip Drögemüller vom Verband des E-Zigaretten-Handels. „Die Elektronik erhitzt bei Aktivierung des Geräts eine Heizwendel im Verdampfer. Diese verdampft eine aromatisierte Flüssigkeit, das sogenannte Liquid. Der Dampf wird über das Mundstück eingeatmet.“ Die Gesamtkonstruktion gibt es als Mehrweg- und als Einwegsystem.

Und was sind E-Shishas?

„Technisch gibt es keinen Unterschied zwischen E-Zigaretten und E-Shishas“, so Drögemüller. Doch die Nutzergruppe ist eine andere: Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind E-Shishas besonders bei Jugendlichen unter 18 bekannt, jeder fünfte Jugendliche hat sie schon ausprobiert. Der mögliche Grund: „Häufig werden in E-Shishas süße oder fruchtige Liquidsorten ohne den Zusatz von Nikotin verwendet“, so Drögemüller. Ein Zusammenhang, den der Branchenverband kritisch sieht. „Kinder und Jugendliche sollten weder E-Zigaretten noch E-Shishas ausprobieren.“ Erst vor zwei Wochen bestätigte der Bundesrat ein Gesetz, das die Abgabe an Minderjährige verbietet.

Sind E-Zigaretten schädlich?

„Im Vergleich zu normalen Zigaretten sind E-Zigaretten weniger schädlich“, sagt Dr. Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Bei Zigaretten wird etwas verbrannt, dabei entstehen rund 90 krebserzeugende Stoffe, bei E-Zigaretten wird eine Flüssigkeit verdampft. Auch dabei entstehen Schadstoffe, aber in wesentlich geringerem Maße.“ Schaden könnten sie aber dennoch.

Welche Stoffe enthalten sie?

Es gibt Liquids mit und ohne Nikotin. „Nikotin ist in erster Linie ein Suchtmittel“, so Schaller, „neueste Studien zeigen aber, dass es hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken nicht so harmlos ist, wie die meisten glauben.“ Die meisten Liquids enthalten die Stoffe Propylenglykol, aus dem etwa auch Disconebel entsteht, und zusätzlich oder stattdessen Glyzerin. „Eine berauschende Wirkung haben diese Stoffe nicht, aber sie können atemwegsreizend wirken, als Kurzzeitfolgen sind Husten, Beeinträchtigung der Lungenfunktion und Entzündungsprozesse in den Atemwegen bekannt.“ Auch die in einigen Liquids enthaltenen Aromen könnten gesundheitlich problematisch wirken, zum Beispiel Allergien auslösen.

Was sagen Kritiker?

Ein Hauptkritikpunkt neben gesundheitlichen Risiken ist vor allem der Jugendschutz. „Die E-Zigarette und die E-Shisha können ein Anreiz sein, das Rauchen zumindest mit diesen Produkten auszuprobieren“, schreibt etwa die BZgA in einer Studie zum Rauchverhalten Jugendlicher. So könnten junge Menschen „das Rauchen üben“ und letzten Endes eine Sucht entwickeln, meint auch Schaller. Erste Studien würden diesen Effekt belegen. Die BZgA hat E-Zigaretten und E-Shishas deshalb zur neuen Aufgabe in der Prävention erklärt.

Helfen E-Zigaretten beim Entwöhnen?

Möglicherweise. „Der Dampf ist weniger schädlich als Rauch, trotzdem bekommen die Raucher weiterhin Nikotin und sie haben weiterhin den Habitus des Inhalierens“, sagt Schaller. Manche Raucher würden dann nach und nach den Nikotingehalt reduzieren, um schließlich ganz nikotinfrei zu rauchen. „Ob das tatsächlich ein gutes Hilfsmittel ist, ist nicht nachgewiesen. Zur Entwöhnung werden E-Zigaretten deshalb auch nicht empfohlen.“

Was bedeutet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs?

Im Februar hat der Bundesgerichtshof E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Liquids als Tabakprodukte eingestuft – auch, wenn sie keinen Tabak enthalten. Davon sind derzeit etwa 5500 Verkaufsstellen bundesweit betroffen – allerdings halte sich kaum jemand daran: „Die meisten Händler haben sich entschlossen, nikotinhaltige E-Zigaretten und Liquids trotz des BGH-Urteils weiter zu verkaufen“, sagt Dustin Dahlmann, Vorsitzender vom Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V. Zudem beziehe sich das Urteil auf einen Vorgang aus dem Jahr 2012. Mittlerweile sei die Rechtslage anders. „Durch die EU-Tabakrichtlinie wurden nikotinhaltige E-Zigaretten mittlerweile quasi legalisiert, denn diese ist am 19. Mai 2014 in Kraft getreten und muss zwingend bis zum 20. Mai 2016 auch im deutschen Recht umgesetzt werden.“