Berlin . Nicht nur Elefanten und Nashörner sind gefährdet. Auch etwa 30 Prozent der 48.000 deutschen Tierarten sind vom Aussterben bedroht.

Jeder kennt die Bilder. Gewilderte Elefanten, blutüberströmte Kadaver mit ausgerissenen Stoßzähnen. Um seltene Arten wie die grauen Riesen vor dem Aussterben zu bewahren, wurde heute vor 43 Jahren, am 3. März 1973, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, kurz CITES) ratifiziert.

Die Unterzeichner verpflichteten sich darin, bedrohte Tiere und Pflanzen gesetzlich zu schützen. CITES gilt heute in 181 Staaten – und als Meilenstein des Umweltschutzes. Um daran zu erinnern, findet jährlich der Tag des Artenschutzes statt.

Welche Tiere sind in Deutschland bedroht?

Allein in Deutschland gibt es nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz (BfN) mindestens 48.000 Tierarten. „Bei etwa 30 Prozent davon ist der Bestand bedroht, sechs Prozent sind bereits ausgestorben oder verschollen“, sagt Diana Pretzell, Leiterin Naturschutz Deutschland beim WWF. Neben großen Vertretern wie Wolf, Luchs, Seeadler oder Uhu stehen auch viele kleine Nager wie etwa Feldhamster, Vögel wie Kiebitz, Rotkopfwürger und Goldregenpfeifer sowie viele Fische, unter anderem Chiemsee-Renke und Ammersee-Kilch auf der sogenannten Roten Liste.

Dabei handelt es sich um ein wissenschaftliches Gutachten, das in vielen Ländern in regelmäßigen Abständen verfasst wird, um „das aktuelle Ausmaß der Gefährdung der biologischen Vielfalt zu dokumentieren“, so das BfN, das die Roten Listen für Deutschland alle zehn Jahre aktualisiert. Weltweit stehen 22.413 Tiere und Pflanzen auf Roten Listen, knapp ein Drittel aller bekannten Arten.

Warum sterben hierzulande immer mehr Arten aus?

Als Beispiel führt Umweltschützerin Pretzell den Luchs an, er gilt in Deutschland als stark gefährdet: „Es gibt mittlerweile wieder etwa 75 freilebende Tiere, vor allem im bayerischen Wald und im Harz.“ Ein großes Problem sei, dass sie große, zusammenhängende Waldgebiete bewohnen, die weit von den nächsten großen Wäldern entfernt sind. „Sie können nicht ohne weiteres von einem Gebiet zum nächsten wandern. Straßen und Autobahnen trennen Waldgebiete und hindern vor allem die Weibchen daran sich auszubreiten. Es kommt deshalb in neuen Gebieten nicht zur Fortpflanzung“, erklärt Pretzell.

Hinzu kommt, dass die Tiere gewildert würden. „Zwar stehen darauf bis zu fünf Jahre Haft, doch nur wenige Behörden verfolgen das tatsächlich“, so Pretzell. Die Verfolgung dieser Straftat ist Ländersache. Es gebe aber bisher nur ein Bundesland, in dem Umweltkriminalität strukturiert verfolgt wird: Nordrhein-Westfalen. In den meisten anderen Ländern gebe es kaum genaue Zahlen. Man gehe momentan von deutschlandweit rund 900 gewilderten Tieren pro Jahr aus, aber die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen.

14.000 Tierarten in Deutschland bedroht

Neben großen Tieren wie dem Wolf stehen auch viele kleine Nager wie etwa Feldhamster, Vögel wie Kiebitz, Rotkopfwürger und Goldregenpfeifer sowie viele Fische auf der sogenannten Roten Liste.
Neben großen Tieren wie dem Wolf stehen auch viele kleine Nager wie etwa Feldhamster, Vögel wie Kiebitz, Rotkopfwürger und Goldregenpfeifer sowie viele Fische auf der sogenannten Roten Liste. © WWF | Ralph Frank
Dieses wissenschaftliche Gutachten dokumentiert das aktuelle Ausmaß der Gefährdung der biologischen Vielfalt.
Dieses wissenschaftliche Gutachten dokumentiert das aktuelle Ausmaß der Gefährdung der biologischen Vielfalt. © WWF | Ralph Frank
Wölfe sind in Deutschland vom Aussterben bedroht.
Wölfe sind in Deutschland vom Aussterben bedroht. © WWF | Ralph Frank
Der Luchs gilt in Deutschland ebenfalls als stark gefährdet. Mittlerweile soll es wieder etwa 75 freilebende Tiere geben, vor allem im bayerischen Wald und im Harz. Ein großes Problem sei, dass sie große, zusammenhängende Waldgebiete bewohnen, die weit von den nächsten großen Wäldern entfernt sind.
Der Luchs gilt in Deutschland ebenfalls als stark gefährdet. Mittlerweile soll es wieder etwa 75 freilebende Tiere geben, vor allem im bayerischen Wald und im Harz. Ein großes Problem sei, dass sie große, zusammenhängende Waldgebiete bewohnen, die weit von den nächsten großen Wäldern entfernt sind. © WWF | Ralph Frank
Straßen und Autobahnen trennen Waldgebiete und hindern vor allem die Weibchen daran sich auszubreiten. Es kommt deshalb in neuen Gebieten nicht zur Fortpflanzung. Ein zusätzliches Problem sind Wilderer.
Straßen und Autobahnen trennen Waldgebiete und hindern vor allem die Weibchen daran sich auszubreiten. Es kommt deshalb in neuen Gebieten nicht zur Fortpflanzung. Ein zusätzliches Problem sind Wilderer. © WWF | Ralph Frank
Die Verfolgung von Wilderei ist Ländersache. Bisher gibt es aber nur ein Bundesland, in dem Umweltkriminalität strukturiert verfolgt wird: Nordrhein-Westfalen. Momentan geht man von deutschlandweit rund 900 gewilderten Tieren pro Jahr aus, aber die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen.
Die Verfolgung von Wilderei ist Ländersache. Bisher gibt es aber nur ein Bundesland, in dem Umweltkriminalität strukturiert verfolgt wird: Nordrhein-Westfalen. Momentan geht man von deutschlandweit rund 900 gewilderten Tieren pro Jahr aus, aber die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. © 10564 | Staffan Widstrand
Auch viele Vogelarten (hier ein Seeadler) sind stark bedroht. Ein Hauptgrund ist die steigende Intensivierung der Landwirtschaft. Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Tiere in den letzten 15 Jahren um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.
Auch viele Vogelarten (hier ein Seeadler) sind stark bedroht. Ein Hauptgrund ist die steigende Intensivierung der Landwirtschaft. Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Tiere in den letzten 15 Jahren um bis zu 80 Prozent zurückgegangen. © WWF | Ralph Frank
Bei großen Vogelarten wie dem Seeadler kommt es öfter zu Bleivergiftungen, wenn sie etwa Aas von Tieren fressen, die mit bleihaltiger Munition erschossen wurden. Verboten ist bleihaltige Munition bis jetzt in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Saarland und Nordrhein-Westfalen.
Bei großen Vogelarten wie dem Seeadler kommt es öfter zu Bleivergiftungen, wenn sie etwa Aas von Tieren fressen, die mit bleihaltiger Munition erschossen wurden. Verboten ist bleihaltige Munition bis jetzt in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Saarland und Nordrhein-Westfalen. © WWF | Ralph Frank
Zum Schutz der bedrohten Arten sind Schutzgebiete nötig. Zudem sollten Landwirte, die ohne Stickstoff und Pestizide arbeiten, deutlich stärker gefördert werden, fordern Umweltschützer.
Zum Schutz der bedrohten Arten sind Schutzgebiete nötig. Zudem sollten Landwirte, die ohne Stickstoff und Pestizide arbeiten, deutlich stärker gefördert werden, fordern Umweltschützer. © WWF | Ralph Frank
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Auch viele Vogelarten sind stark bedroht. Als Hauptgrund sieht Umweltschützerin Pretzell die steigende Intensivierung der Landwirtschaft. „Es werden immer mehr Pestizide gesprüht, Insekten können deshalb kaum überleben, sie fehlen in der Nahrungskette. Auch Hecken, Feldsäume und Wegränder fehlen bei der starken Bewirtschaftung von Feldern zunehmend, so brechen die Lebensräume der Insekten und anderer Arten weg.“ Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Fluginsekten in den letzten 15 Jahren um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.

„Zu den bedrohten Tierarten zählen beispielsweise auch viele Wildbienen“, sagt Pretzell, „aber auch viele andere Gruppen wie Ameisenarten oder Tanzfliegen sind zunehmend bedroht.“ Bei großen Vogelarten wie dem Seeadler komme es öfter zu Bleivergiftungen, wenn sie etwa Aas von Tieren fressen, die mit bleihaltiger Munition erschossen wurden. „Verboten ist bleihaltige Munition bis jetzt in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Saarland und Nordrhein-Westfalen“, so Pretzell.

Was wird zum Schutz der bedrohten Tierarten getan?

„Sich dabei auf einzelne Arten zu konzentrieren, ist nicht effektiv genug“, glaubt Pretzell, „Schutzgebiete sind nötig, in denen die Natur wieder Natur sein darf. Zudem müssten Landwirte, die ohne Stickstoff und Pestizide arbeiten, deutlich stärker gefördert werden.“

Im Rahmen der Natura 2000, ein europäisches Netzwerk von Schutzgebieten, wurden in Deutschland bislang 15 Prozent der Landfläche unter Schutz gestellt, in der Europäischen Union insgesamt 18 Prozent der Landesfläche. Der Bestand der dort lebenden Arten und ihrer Lebensräume dürfen sich nicht verschlechtern. „Es gibt verschiedene Varianten von Schutzgebieten“, erklärt Pretzell. Die größten sind Nationalparks, sie sollen mindestens 10.000 Hektar umfassen. „In ihnen darf die Natur sich entwickeln, wie sie will, es gibt in einer großen Kernzone keinerlei Bewirtschaftung.“

Darüber hinaus gibt es Biosphärengebiete. Pretzell: „Sie schützen wertvolle Kulturlandschaft, wie zum Beispiel die Schwäbische Alb oder die Rhön, wo sich viele seltene Arten angesiedelt haben.“ Sowohl Nationalparks als auch Biosphärengebiete werden von den Bundesländern ausgewiesen. Biosphärengebiete werden von der UNESCO kontrolliert. Zusätzlich gibt es sogenannte Naturschutzgebiete. Sie sind meist kleiner. Hier gibt es klare Regeln zum Schutz der Natur.

Wie lässt sich der Artenschutz im Alltag unterstützen?

Im Internet informieren das Bundesumweltministerium und der Zoll über in Urlaubsländern gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Nutzer können ihr Reiseziel eingeben und erhalten eine Liste beispielsweise von Zierpflanzen oder Souvenirs aus Tierbestandteilen, die sie nicht mit nach Deutschland bringen dürfen. „Aber auch schon der Kauf von Bio-Produkten kann zum Artenschutz beitragen, da beim Bio-Landbau keine Pestizide verwendet werden dürfen“, sagt Pretzell. Zudem könnten Verbraucher beispielsweise im Garten auf das Sprühen von Insektenvernichtern verzichten und so zum Artenschutz beitragen.