Berlin. Menschen, die sich fit halten wollen, nutzen Gesundheits-Apps und Fitness-Tracker. Diese sammeln Daten. Doch wie sicher sind sie dort?

Den Ernährungsplan mit dem Gemüse der Saison bekommt der Diabetiker direkt aufs Smartphone gesendet. Das Armband am Handgelenk misst die Pulsfrequenz beim Dauerlauf, zählt Schritte und verbrauchte Kalorien. Viele chronisch Kranke oder Menschen, die sich fit halten wollen, setzen auf Gesundheits-Apps und Fitness-Tracker. Neun Millionen Deutsche sollen es bereits sein, schätzt der IT-Branchenverband Bitkom. Jeder Zweite sei einer Emnid-Umfrage zufolge interessiert. Doch wie sicher sind die digitalen Gesundheitshelfer? Anlässlich des Safer Internet Day am 9. Februar diskutieren Politik, Wirtschaft und Verbraucherschützer in Berlin über Chancen und Risiken.

Im Test zeigt sich: Die Helferlein haben enormen Datenhunger

Tests wie zuletzt der von Stiftung Warentest zeigen: Die Apps auf dem Smartphone und die Tracker haben einen enormen Datenhunger. Wo die Informationen landen, wisse der Nutzer in vielen Fällen nicht. Und dass eine Datenschutzerklärung vor Nutzung angeklickt werde, sei nicht der Regelfall. „Der Markt für Gesundheitsdaten ist riesig“, sagt Susanne Mauersberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Manche Anbieter fragen Nutzer nach einer Fülle an Daten, berichtet sie. Auch nach solchen Informationen, die für den Gebrauch der Anwendung nicht notwendig sind. Viele Nutzer würden ihre Daten leichtsinnig preisgeben – ohne zu wissen, ob sie an Dritte verkauft werden. Auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff (CDU), beäugt die Entwicklungen am digitalen Gesundheitsmarkt kritisch. „Allen Anwendern, die Fitness-Apps freiwillig herunterladen, rate ich, nicht unbedacht mit ihren sensiblen Gesundheitsdaten umzugehen“, warnt Voßhoff. Finanzielle Vorteile müssten gegen die langfristigen Gefahren abgewogen werden.

Ihre Warnung richtet sich vor allem an Privatversicherte. Viele Krankenversicherungen bieten ihren Kunden Apps an, mit denen sie sportliche Aktivität nachweisen können. Im Gegenzug bekommen sie Vergünstigungen. Für die gesetzlichen Krankenkassen hat der Gesetzgeber enge Schranken für das Sammeln solcher Gesundheitsdaten vorgesehen. Man sollte diesen Schutz auch den Versicherten privater Kassen gewähren, sagt Voßhoff.

Das Sammeln von Gesundheitsdaten gibt Anbietern ganz neue Möglichkeiten. „Beratungen, für die der Arzt wenig Zeit hat, digitalisieren wir“, sagt Inga Bergen, Geschäftsführerin von welldoo. Das Berliner Unternehmen entwickelt im Auftrag von Krankenkassen, Pharmaunternehmen oder Krankenhausketten Apps und Tracker. „Wir loben die Menschen, geben ihnen Rückmeldung über ihre Fortschritte und die Möglichkeit, ihr Verhalten besser zu verstehen.“

Anbieter halten die Angst um den Datenschutz für überzogen

Bei Erfolg gibt es einen „push“ – eine Nachricht aufs Handy. Ältere Kunden bevorzugen eine E-Mail, in der steht, wie sie ihre Ziele besser einhalten können. 60 Mitarbeiter beschäftigt welldoo. Angaben über den Umsatz will Geschäftsführerin Bergen, deren Unternehmen zum Bertelsmann-Konzern gehört, nicht machen.

Die Angst vor dem Missbrauch der Informationen, die über Smartphone-Apps oder tragbare Mikrocomputer gesammelt werden, hält die Branche für übertrieben. Vielmehr würden die Möglichkeiten, die die Anwendungen heute schon böten, ausgebremst. „Wir haben ein sehr strenges Datenschutzgesetz in Deutschland“, sagt Bergen. Sie beteuert: „Daten fließen nie einfach so an Ärzte und werden auch nicht personenbezogen an die Krankenkassen übergeben.“ So sei es bereits unmöglich, die eigenen Werte per E-Mail an den Arzt zu schicken – aus Datenschutzgründen.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind schier unendlich. Ein Blick in die App-Stores von Apple und Google zeigt: Es gibt Tausende Angebote, zugeschnitten auf jegliche Wellness- und Gesundheitsbedürfnisse. Was Verbraucherschützerin Mauersberg beunruhigt: Eine Qualitätskontrolle gibt es dabei nicht, sagt sie. „Diese Anwendungen müssen als Medizinprodukt eingestuft und entsprechend reguliert werden.“ Die falsche Kilometerzahl nach dem Joggen möge nicht schlimm sein. Doch eine fehlerhafte Herzfrequenz, die von einem Tracker gemessen wurde, könne für einen Kranken sehr gefährlich werden, sagt sie.

„Gesundheits-Apps können das Leben von Patienten verbessern, aber auch Schaden anrichten“, warnt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. Seine Forderung zum heutigen Safer Internet Day: Politik und Aufsicht im Gesundheitswesen müssten schnell Standards für Qualität, Datenschutz und Datensicherheit entwickeln.