Berlin. Die Pilz-Saison hat begonnen. Für Sammel-Neulinge gibt es viel zu beachten, denn einige Arten sind sehr giftig. Tipps und Regeln.

Jedes Jahr wird die Zahl der Pilzsammler größer. Doch mit der wachsenden Leidenschaft steigt auch die Zahl der Vergiftungen. Ein Grund ist das Halbwissen, mit dem die Leute „in die Pilze gehen“. Vielleicht mit einem Buch, einer App, ansonsten unvorbereitet.

Zwar weiß man bei den mehr als 8000 bekannten Pilzarten bislang nur von etwa 200 giftigen, doch reicht ein Fehlgriff aus, um dem Körper großen Schaden zuzufügen. Wolfgang Prüfert von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) und Stiftung Warentest erklären, worauf Sammelneulinge achten sollten.

Spielen fast 30 Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl radioaktiv belastete Böden noch eine Rolle?

Es gibt noch belastete Gebiete. Am stärksten betroffen sind der Süden und Osten von Bayern und Teile von Sachsen. Es kommt auf die Menge und die Pilzart an, wie groß die Strahlenbelastung ist. Die DGfM rät nicht grundsätzlich vom Sammeln in diesen Regionen ab. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat die radioaktive Belastung der Wildpilze in Süddeutschland analysiert. Die Ergebnisse sind online nachzulesen: http://bit.ly/1OhloLZ

Welche Pilze können besonders belastet sein?

Der Grenzwert für Wildpilze, die im Supermarkt verkauft werden, liegt bei 600 Becquerel pro Kilogramm. Laut dem BfS lagen 2012 und 2013 drei Wildpilzarten über diesem Wert: Semmelstoppelpilze, Graue Lärchenröhrlinge und Violette Schleierlinge. Sehr gering kontaminierte Arten sind laut BfS zum Beispiel der Blutende Waldchampignon oder der Amethystpfifferling.

Wie viele Pilze kann man bedenkenlos essen?

Einen festen Richtwert gibt es nicht. Das hängt auch von der Pilzart ab. „Morcheln zum Beispiel gelten als Speisepilze. Wenn man aber eine übermäßige Portion isst, werden sie nervengiftig“, erklärt Prüfert. Das heißt, sie können Sehstörungen und Schwindel auslösen.

Grundsätzlich gilt: in Maßen genießen. Stiftung Warentest empfiehlt Erwachsenen, nicht mehr als 200 bis 250 Gramm wilder Pilze zu essen, da sie mit Schwermetallen aus dem Boden angereichert sein können. Die Stiftung rät Schwangeren, Stillenden und Kleinkindern ganz von Wildpilzen ab.

Darf ich so viele Pilze sammeln, wie ich möchte?

Nein. Der Gesetzgeber sagt, dass man viele Arten nur für den Eigenbedarf sammeln darf: ein Kilogramm pro Tag. Das ist wichtig, um das Ökosystem nicht zu stören.

Wie kann sich ein Anfänger auf das Pilzesammeln vorbereiten?

Wer noch nie Pilze sammeln war, sollte eine geführte Wanderung mitmachen, die zum Beispiel von Volkshochschulen angeboten werden. „Es ist fast nicht möglich, sich Unterschiede mithilfe eines Buchs einzuprägen“, sagt Prüfert.

Das zeigt auch der aktuelle Fall von Flüchtlingen aus Syrien, die den hochgiftigen Knollenblätterpilz offenbar mit einem Speisepilz aus ihrer Heimat verwechselt hatten. Bislang hätten 30 Menschen eine Vergiftung erlitten, einigen drohe Leberversagen.

Eine Liste aller Speise- und Giftpilze gibt es auf der Seite der DGfM

Worauf muss man noch achten – neben giftig und ungiftig?

Das Alter des Pilzes ist sehr wichtig, denn die meisten Vergiftungen werden von zu alten Pilzen verursacht. „Man muss nicht nur die Art, sondern auch den Zustand des Pilzes bestimmen können“, erklärt Prüfert.

Besonders Röhrenpilze können von Schimmel befallen sein. „Es herrscht die Einstellung: Den Pilz habe ich selbst gesammelt, also muss ich ihn auch essen“, weiß Prüfert. Manche Menschen sammeln Pilze, die sie auf dem Markt niemals kaufen würden.

Wie erkennt man verdorbene Pilze?

Ein Trick, um das Alter zu erkennen, ist, mit dem Finger in den Hut zu drücken. Bleibt eine Delle, ist der Pilz alt. Es ist auch zu empfehlen, den Pilz einmal der Länge nach aufzuschneiden, um zu sehen, ob er von Maden befallen ist.

Die ewige Frage – Pilze abschneiden oder aus dem Boden herausdrehen?

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie empfiehlt, den Pilz herauszudrehen und von allen Seiten zu begutachten. So ist eine einfachere Bestimmung möglich. Denn auch die unterirdischen Knollen können zur Unterscheidung von giftigen und ungiftigen Arten beitragen.

Wie sollte man Pilze lagern?

Grundsätzlich sollte man sie kühl und luftig lagern. Eine Plastiktüte als Sammelbehälter geht nicht. „Man sollte Pilze eher wie Fisch als wie Gemüse behandeln“, erklärt Prüfert. Die meisten Arten kann man bis zu zwei Tage lagern, zum Beispiel im Kühlschrank. Einige festere Arten auch bis zu einer Woche.

Wie kann man sicher sein, keine Giftpilze gesammelt zu haben?

Die ersten Male sollte man die Pilze bei einer Beratungsstelle begutachten lassen. „Danach kann man es sich schon zutrauen, die Pilze, die einem bekannt sind, selbst sicher zu bestimmen“, so Prüfert. Anders sieht es bei Pilzen aus, die man bislang nie gesammelt hat. Die sollte man immer von einem Experten begutachten lassen.

Was tun, wenn man sich nach einem Pilzgericht nicht wohlfühlt?

Zunächst sollte man den Giftnotruf anrufen und die Symptome schildern. Wichtig: Alle Pilzreste, ob aus dem Müll oder dem Erbrochenen, aufbewahren und bei einem Sachverständigen vorlegen, der über die Giftzentralen vermittelt wird. Im optimalen Fall sollten sich Angehörige darum kümmern, während der Betroffene ins Krankenhaus geht.

Was sind typische Symptome für eine Vergiftung?

Die meisten Pilze sind magen-darm-giftig. Sie lösen Durchfall und Erbrechen aus. Für bestimmte Personen, zum Beispiel ältere Menschen, kann das gefährlich werden. Nervengiftige Pilze wie der Pantherpilz lösen Herzrasen und Krämpfe aus.

Besonders tückisch ist eine Vergiftung mit dem grünen Knollenblätterpilz. Die Vergiftung beginnt mit Magen-Darm-Symptomen, die dann aber wieder abklingen. Dann, einige Tage später, versagt die Leber.

Wie sollten die gesammelten Pilze zubereitet werden?

Es gibt einzelne Wildpilze, die können roh in sehr kleinen Mengen verzehrt werden. Grundsätzlich gilt aber, wild gesammelte Pilze sollten gut durcherhitzt werden. „Sogar der Wiesenchampignon sollte erhitzt werden“, sagt Prüfert.