Was wäre, wenn der Republikaner Trump die US-Wahl gewinnt?
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Von Dirk Hautkapp
Washington. Trump holt in Umfragen vor der Wahl auf. Welche Auswirkungen hätte seine Politik auf Militär, Wirtschaft und die Welt? Eine Analyse.
Die Affäre um Hillary Clintons E-Mails, die vom FBI reanimierte wurde, zeigt Wirkung. Eine Woche vor der Präsidentschaftswahl in Amerika holt der republikanische Widersacher Donald Trump auf. In den meisten Umfragen steht Clinton vor Trump. Aber in einer Erhebung des Senders ABC und der „Washington Post“ liegt er sogar mit 46 Prozent einen Punkt vor der Demokratin. Das sind allerdings nur nationale Durchschnittswerte.
Entscheidend ist die Zahl der Wahlmännerstimmen, bei der Clinton immer noch deutlich vorn liegt. Dabei war Trump nach unzähligen Skandalen bereits so gut wie totgesagt worden. „Eine Sensation ist nicht ausgeschlossen“, schreiben US-Zeitungen. Die Vorstellung, dass Trump Präsident werden könnte, löst weltweit Kopfschmerzen aus. Was also wäre, wenn ...
Trumps Motto lautet „Amerika zuerst!“
Vorab: Der 70-Jährige hat seine Meinung(en) zu zentralen Themen seit Beginn seiner Kandidatur vor 18 Monaten mehrfach geändert. In fast allen Fragen beschränkte er sich auf polemisch-provokante Thesen und Zustandsbeschreibungen („Ich werde die Hölle aus dem ‚Islamischen Staat‘ prügeln“ – „Amerika ist ein einziges Desaster“ – „Ich werde 25 Millionen neue Jobs schaffen“) ohne inhaltliche Unterfütterung. Sein Motto lautet: Amerika zuerst!
Donald Trumps schlimmste Sprüche
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Über allem steht ein Problem, das der deutschstämmige Silicon-Valley-Milliardär und Trump-Fan Peter Thiel sinngemäß so formuliert: Man darf Trump nicht wörtlich nehmen ... Ein Blick auf die wichtigsten Themen:
Russland: Trump lobt Putin. Und das bei jeder Gelegenheit. Anders als Obama sei der Russe ein „starker Führer“, mit dem er eine „gute Beziehung“ haben werde. Den mit Sanktionen durchgesetzten Isolationskurs wegen Krim und Ukraine, der unter Obama eingeschlagen wurde, will Trump aufgeben. Russland soll als Partner eingespannt werden, etwa in Syrien und beim Kampf gegen den „Islamischen Staat“.
„Wäre das nicht wunderbar, wenn wir da miteinander gut auskommen würden“, fragt Trump seine Anhänger regelmäßig bei Wahlveranstaltungen. Gut 300 Militärs, Diplomaten und außenpolitische Experten früherer US-Regierungen schlagen Alarm: Trump sei „hoffnungslos naiv“. Putin nutze die Ignoranz des Geschäftsmannes aus. Wenn Trump, einmal im Amt, dies merke, könne man eine „Kurzschlussreaktion“ des „sprunghaften Narzissten“ nicht ausschließen.
Militär und Deutschland: Trump sieht die mit Abstand größte Streitmacht der Erde „absolut ausgelaugt“. Dabei geben die USA pro Jahr 600 Milliarden Dollar aus, mehr als die sieben folgenden Staaten zusammen. Er will aufrüsten („größer, besser, moderner denn je“), aber gleichzeitig Amerikas Rolle als Welt-Polizist stark zurückschrauben; was bereits Obama getan hat. Das militärische Beistandsprojekt Nato soll so reformiert werden, dass es für Amerika billiger wird. „Die Länder, die wir verteidigen, müssen dafür bezahlen, wenn nicht, müssen sie damit rechnen, dass die USA nicht mehr helfen werden.“
Direkt sprach er hier mehrfach Deutschland an. Dass Berlin seit Beginn des US-geführten Afghanistan-Einsatzes fast zehn Milliarden Euro ausgegeben hat, ließ er unerwähnt. Trumps Vorschlag, Länder wie Südkorea sollten sich selbst atomar bewaffnen, hat in den Regierungen weltweit den Blutdruck steigen lassen. Zumal Trump Unberechenbarkeit zur Tugend erklärt hat.
So ließ er etwa offen, ob er im Kampf gegen das Terror-Netzwerk „Islamischer Staat“ Atomwaffen auffahren würde: „Ich schließe nichts aus. Ich würde es vorher aber nicht öffentlich verkünden.“ In den internationalen Beziehungen will Trump ebenfalls seinem „Amerika First“-Mantra Geltung verschaffen. „Wer uns nicht mag, mit dem arbeiten wir nicht mehr zusammen.“
Donald Trump will ins Weiße Haus
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Wirtschaft: Trump will die Globalisierung zurückdrehen. Knapp fünf Millionen Arbeitsplätze in der industriellen Fertigung, die zwischen 1994 und heute aus den USA in Billiglohnländer abgewandert sind, sollen zurückgeholt werden. Apple soll dazu gezwungen werden, seine iPhones auf amerikanischem Boden zu produzieren.
Unternehmen, etwa die Auto-Industrie, die in Mexiko durch höhere Wettbewerbsfähigkeit ihr Überleben gesichert hat, müssen mit Strafzöllen bis zu 35 Prozent bei der Einfuhr ihrer Produkte rechnen. Als „bösen Buben“ hat Trump in jeder Hinsicht China ausgemacht. Er nennt die Großmacht einen „Währungsbetrüger“.
Einwanderung: Trump will die illegale Einreise in die USA aus Süden und den fortgesetzten Transport von Drogen durch den Bau einer „unüberwindbaren Mauer“ an der Grenze zu Mexiko stoppen. Geschätzter Kostenpunkt: 25 Milliarden Dollar aufwärts. Mexiko soll dafür bezahlen. Das Gros der rund elf Millionen Illegalen, die zum Teil seit Jahrzehnten unauffällig in den USA leben, Familien gegründet haben, Steuern zahlen und in vielen Branchen (etwa der Gastronomie) nicht mehr wegzudenken sind, soll zurück in ihre Heimatländer gebracht werden.
„Sie können sich danach wieder anstellen und um einen rechtmäßigen Eintritt in unser Land bitten.“ Unternehmer, Wirtschaftsverbände und Menschenrechtsorganisationen warnen vor einer „Katastrophe“. Die Abschiebung so vieler Menschen (nötig wären 90.000 zusätzliche Polizisten) werde Tausende Familien auseinanderreißen und den sozialen Frieden aufs Spiel setzen. Außerdem stehe die Verfassung dagegen. Noch rigoroser will Trump in der Flüchtlingsfrage reagieren.
Gesellschaftspolitik: Als er noch feste Größe im New Yorker Jetset war, hatte Trump nichts gegen Schwangerschaftsabbrüche. Mit Blick auf evangelikal-konservative Wähler hat er sich um 180 Grad gedreht. Abtreibungen sollen verboten, die Mittel für die Frauenhilfe-Organisation „Planned Parenthood“ gestrichen werden. Obamas Krankenversicherung will Trump streichen. 20 Millionen Bürger verlören ihren Schutz.
Das waren die US-Präsidenten seit 1945
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Umwelt: Klimawandel, Treibhausgas? Trump hält das für eine Erfindung, die Auflagen in den USA hochschraubt, Arbeitsplätze vernichtet und Länder wie China begünstigt. Das von Präsident Obama vorangetriebene Klimaschutz-Abkommen von Paris will Trump aufkündigen. Zu Hause will er die seit Jahren im Sterben liegende Kohle-Industrie aufpäppeln, auch wenn Weltmarktpreise und Umweltschutzauflagen dagegensprechen.
Fazit: Unter einem Präsidenten Trump würde Amerika nach innen wie nach außen Profil und Auftreten ändern. Der Populist würde Traditionen schleifen, mit Manager-Attitüde agieren und durch Unberechenbarkeit Unruhe schaffen.