Freigelassene Politikerin mit Familie bei Staatschef Sarkozy im Élysée-Palast. Dank an Frankreich und seinen Präsidenten.

Paris. Zwei Tage nach dem Ende ihrer sechsjährigen Gefangenschaft im kolumbianischen Dschungel hat Frankreich Ingrid Betancourt bei der Rückkehr einen begeisterten Empfang bereitet. Nach einer bewegenden Willkommenszeremonie am Flughafen warteten in Paris Hunderte Unterstützer und ließen sie mit "Ingrid, Ingrid"-Rufen hochleben. Beim Empfang im Élysee-Palast appellierte Betancourt an Staatspräsident Nicolas Sarkozy, sich weiter für die Geiseln einzusetzen, die noch in der Hand der FARC-Rebellen sind.

An ihre Unterstützer gewandt, sagte sie: "Ich brauche euch also immer noch, wir können die anderen Geiseln nicht im Dschungel zurücklassen." Mehrmals musste sie ihre Ansprache unterbrechen, weil ihr Freudentränen in die Augen traten. Sarkozy sicherte Betancourt Unterstützung zu. Der Staatschef hatte die einstige Präsidentschaftskandidatin sowie ihre Angehörigen und Unterstützer zu einem großen Fest in seinen Palast geladen.

Bei der Landung auf dem Militärflughafens Villacoublay bei Paris empfingen Sarkozy und seine Frau Carla Bruni Betancourt. "Fast sieben Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet", sagte sie. "Im Dschungel habe ich vor Schmerzen geweint, heute weine ich vor Freude." Sie dankte der französischen Bevölkerung und dem Präsidenten für ihren unermüdlichen Einsatz.

"Ich habe Ihre Botschaft am Ende des Dschungels empfangen", sagte Betancourt und nahm Sarkozys Hand. "Ich will Sie stellvertretend für ganz Frankreich an der Hand fassen und Ihnen in die Augen schauen", sagte sie. "Ich liebe Frankreich." Der französische Einsatz für ein gewaltloses Ende ihrer Gefangenschaft und Verhandlungen mit den kolumbianischen FARC-Rebellen habe dazu beigetragen, dass bei der Militäraktion der Streitkräfte am Mittwoch kein Tropfen Blut geflossen sei. Mit dem Einsatz waren neben Betancourt 14 weitere Geiseln befreit worden.

Betancourt ging in Frankreich zur Schule und hat neben der kolumbianischen die französische Staatsbürgerschaft. Ihre beiden Kinder leben in Frankreich. Sarkozy und sein Vorgänger Jacques Chirac hatten sich intensiv um ihre Befreiung bemüht, auf Hunderten Demonstrationen und Kundgebungen zeigte die französische Bevölkerung ihre Solidarität mit Betancourt.

Sarkozy zollte der 46-Jährigen tiefen Respekt für ihren Durchhaltewillen. "Ihre Befreiung ist eine Botschaft der Hoffnung, dass es immer ein Licht am Ende des Tunnels gibt", sagte er. "Sie haben bewiesen, dass es sich lohnt zu kämpfen." Das Flugzeug mit Betancourt war in der Nacht zum Freitag in Bogota gestartet. An Bord waren auch ihre Kinder sowie Außenminister Bernard Kouchner.

Der Schweizer Radiosender RSR berichtete unterdessen, Betancourt und die mit ihr freigekommenen 14 anderen Geiseln seien für etwa 20 Millionen Dollar freigekauft worden. Die spektakuläre Befreiungsaktion sei lediglich eine "Maskerade" gewesen. Dazu sagte Betancourt: "Das, was ich miterlebt habe, kann keine Inszenierung gewesen sein."