Kritiker werfen ihr vor, sie betreibe mit ihrem Besuch Umweltpolitik rein symbolisch. Merkel: “Sich vor Ort ein Bild zu machen hat noch nie geschadet.“

ILULISSAT/BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich zu Beginn ihrer "Klimareise" nach Grönland energisch gegen Kritik an ihrer Umweltpolitik verteidigt. "Sich vor Ort ein Bild zu machen hat noch nie geschadet", sagte Merkel nach ihrer Landung im westgrönländischen Ilulissat. Nur dann könne man auch die Menschen gewinnen, um mit "Elan und Tatkraft" gegen die Folgen des Klimawandels vorzugehen. Die Opposition hatte Merkel vorgehalten, mit ihrer Reise, auf der sie von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begleitet wird, eine rein symbolische Politik zu betreiben.

Grönland gehört zu den Regionen der Welt, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vom Klimawandel am meisten betroffen sein werden. Merkel sagte, sie wolle mit dem dänischen Ministerpräsidenten Andres Fogh Rasmussen auch darüber diskutieren, was weiter gegen den Klimawandel getan werden kann.

Unmittelbar nach ihrer Landung wollte Merkel eine Schiffstour durch den nahe gelegenen Ilulissat-Fjord unternehmen, in dem zahlreiche Eisberge treiben. Sie brechen von dem gleichnamigen Gletscher ab. Er hat sich in den vergangenen Jahren stark verringert - seit 2002 allein um 15 Kilometer, und seit 1850 sind es insgesamt 40 Kilometer gewesen. Grönland, die größte Insel der Erde, ist ein autonomer Bestandteil Dänemarks; anders als Dänemark gehört es der EU nicht an.

"Die Arktis erwärmt sich mit einer Rate, die mehr als doppelt so groß ist wie die der anderen Bereiche unseres Planeten", schrieb Professor Peter Lemke, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven im Magazin "National Geographic".

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte: "Die Reisegruppe Merkel/Gabriel wird im schmelzenden Grönlandeis nicht das finden, das sie am dringendsten bräuchte: die politische Entschlossenheit zum konsequenten Handeln gegen den Klimawandel. Die Reise ist eine Flucht in die Inszenierung." FDP-Chef Guido Westerwelle warnte: "Natürlich ist es immer richtig, wenn die Kanzlerin ins Ausland reist, aber es ist ein historischer Fehler, die Umweltpolitik auf Symbolik zu beschränken." Die Regierung sollte sich fragen, "wieso auf dem G8-Gipfel alle anderen Regierungen auf den Ausbau der Kernenergie setzen und nur Deutschland einen schwarz-rot-grünen Sonderweg beschreiten soll", so Westerwelle.

Vonseiten der Bundesregierung wurde betont, auch im zweiten Halbjahr 2007 werde der Klimaschutz einer der Schwerpunkte der deutschen Politik sein. So soll es im Anschluss an die Uno-Generalversammlung eine weitere Begegnung von Unterhändlern der führenden Wirtschaftsnationen der Welt und aufstrebenden Schwellenländer wie China und Indien geben. Damit will die deutsche G8-Präsidentschaft den weltweiten Klimaschutzprozess vor der Konferenz in Bali vorantreiben. Japan löst Deutschland zum Jahreswechsel an der Spitze der Gruppe der acht wichtigsten Industrienationen ab. Für den Herbst hat Merkel eine Asien-Reise nach Indien, Malaysia und Singapur sowie eine Afrika-Reise geplant.