Rechtspopulist Pim Fortuyn neun Tage vor der Wahl ermordet - Verdächtiger festgenommen.

Amsterdam. Der rechtspopulistische niederländische Politiker Pim Fortuyn ist gestern erschossen worden. Der 54-Jährige wurde am frühen Abend vor der Rundfunkzentrale in Hilversum von einem Attentäter mit sechs Schüssen niedergestreckt. Er starb noch am Tatort. Die Polizei teilte mit, sie habe einen Verdächtigen festgenommen. Es handele sich um einen weißen Holländer. Er verweigert die Aussage. Alle Parteien brachen den Wahlkampf ab. Unklar war am Abend, ob die Wahlen vom 15. Mai verschoben werden. Einige Hundert Anhänger Fortuyns drangen am späten Abend in den Garage des Parlaments in Den Haag ein und randalierten dort. Sie führten Fotos des Ermordeten mit sich und setzten mehrere Autos in Brand. Die Polizei forderte Verstärkung an. Die Amtsräume von Premier Wim Kok wurden vorsorglich evakuiert. Fortuyn führte ähnlich wie der österreichische FPÖ-Politiker Jörg Haider einen ausländerfeindlichen Wahlkampf. Besonders scharf wandte er sich gegen die muslimische Bevölkerungsgruppe im Land. Das Attentat ereignete sich, kurz nachdem Fortuyn an einer populären Radio-Show teilgenommen hatte. Notärzte bemühten sich noch am Tatort vergeblich um das Leben des Politikers, der von den Kugeln auch im Kopf getroffen wurde. Fortuyn hatte Stunden zuvor erklärt, dass er bedroht werde. Er wollte nicht mehr in sein Haus in Rotterdam zurückkehren, sagte ein Freund. Nach Umfragen konnte die von Fortuyn gegründete Partei mit dem Namen "Pim Fortuyns Liste" (PFL) mit 20 Prozent der Stimmen rechnen. Den Parteien der Mitte-Links-Koalition unter Ministerpräsident Kok wurden Verluste vorhergesagt. Damit hätte die PFL den dritten Platz in der Parteienlandschaft einnehmen und auf die Regierungsbildung Einfluss ausüben können. Der Chef der regierenden Sozialdemokraten, Ad Melkert, sagte: "Es ist schwer zu begreifen, dass so etwas in den Niederlanden passieren kann. Die niederländische Demokratie hat ihre Unschuld verloren." Der frühere Soziologie-Professor Fortuyn hatte bereits bei den Kommunalwahlen am 6. März einen spektakulären Erfolg erzielt. In Rotterdam holte er für die Rechtspartei Leefbaar Nederland (Lebenswerte Niederlande) auf Anhieb 35 Prozent. Leefbaar Nederland schloss ihn aber wegen zu krasser antiislamischer Äußerungen aus, worauf Fortuyn seine eigene Partei gründete. Eine der Forderungen des bekennenden Homosexuellen war die Abschaffung des in der Verfassung festgeschriebenen Diskriminierungsverbotes.