Türkei will schon 2003 mit konkreten EU-Verhandlungen beginnen.

Kopenhagen. Die Türkei-Frage stand gestern im Vordergrund des Auftakts zum historischen EU-Erweiterungsgipfel in Kopenhagen. Deutschland und Frankreich bemühten sich ebenso wie die dänischen Gastgeber um einen Kompromiss zur türkischen Forderung nach einem baldigen festen Termin für Beitrittsverhandlungen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) plädierte dafür, 2004 zu prüfen, ob die Türkei für Verhandlungen ab 2005 reif ist. Hoffnungen auf eine Lösung des Zypern-Konflikts am Rande des Gipfels wurden erneut gedämpft.

Die Türkei will schon 2003 konkrete Beitrittsgespräche beginnen. Ministerpräsident Abdullah Gül und der Chef der Wahlsieger-Partei AKP, Recep Tayyip Erdogan, werben in Kopenhagen für diese Position.

Am Mittwoch hatte US-Präsident George W. Bush die Dänen noch einmal angerufen und sich für die Türkei stark gemacht. "Ich höre mir gerne Ratschläge an, aber Dänemark lässt sich von niemandem unter Druck setzen. Die Türkei-Frage ist Sache der EU", sagte dazu der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen. Die EU werde ein "positives Signal" an die Türkei senden, "und wir hoffen, dass Ankara es auch so aufnimmt".

Die Dänen trafen letzte Vorbereitungen, um mit den zehn EU-Anwärtern, die bereits zum Mai 2004 beitreten sollen, handelseinig zu werden. Rasmussen hat sich dafür ausgesprochen, die EU-Beitrittsverhandlungen mit bis zu zehn neuen Mitgliedern in Kopenhagen abzuschließen. Zum Auftakt des zweitägigen Gipfeltreffens der Europäischen Union (EU) sagte Rasmussen gestern Abend in der dänischen Hauptstadt in seiner Eigenschaft als amtierender EU-Ratspräsident: "Wir wollen wieder ein Europa schaffen, und wir werden alle von der Erweiterung profitieren."

In Kopenhagen will die EU die für 2004 geplante große Erweiterung auf 25 Mitgliedsländer besiegeln. Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Ungarn, die Slowakei und Slowenien sowie Malta und Zypern wollen der Union beitreten. Allerdings ist die Finanzierung noch nicht endgültig geklärt. Brüssel hat dafür für die Jahre 2004 bis 2006 - dann läuft die derzeitig gültige Haushaltsplanung aus - 40,5 Milliarden Euro eingeplant. Damit wollen sich die meisten Neuen aber nicht zufrieden geben, Polen sprach von einer "Zumutung".

Rasmussen rief die Kandidaten-Länder auf, überzogene Forderungen zurückzustellen und einen Kompromiss zu ermöglichen. "Wir haben für jedes Land ein individuelles Paket geschnürt und werden die Verhandlungen mit den Ländern abschließen, die bereit sind." An die Adresse Polens sagte der Premier, der finanzielle Spielraum sei ausgereizt, es sei "kein Platz mehr für Manöver".