Berlin. Der Haushalt für 2024 hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag beschlossen. Einen Haken dranmachen kann die Ampel aber noch nicht.

Mit mehrwöchiger Verspätung hat der Bundestag den hart umkämpften Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. Das Parlament stimmte auch dem umstrittenen Abbau von Steuerentlastungen beim Agrardiesel sowie einer höheren Ticketsteuer für Passagierflüge zu, als Teil eines eigenen Gesetzes. Allerdings sind diese Sparmaßnahmen noch nicht unter Dach und Fach. Das liegt am Bundesrat.

Kernpunkte des Haushalts

Im Haushalt 2024 sind Ausgaben in Höhe von 476,8 Milliarden Euro vorgesehen – und vorerst neue Kredite über rund 39 Milliarden Euro. Bleibt es dabei, würde die Schuldenbremse erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder eingehalten, denn die Regelung im Grundgesetz erlaubt bei schlechten Konjunkturerwartungen einen gewissen Spielraum.

Der Bundeshaushalt für 2024 hatte die Ampel-Koalition vor eine besondere Herausforderung gestellt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mussten im Kernhaushalt sowie im Klima- und Transformationsfonds kurz vor Jahresende plötzlich Milliardenlöcher gestopft werden. Es folgten lange und schwierige Verhandlungen in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP.

Die Opposition warf der Ampel trotzdem vor, nicht richtig zu sparen. Sie rede zwar davon, lebe in Wahrheit aber weiter über ihre Verhältnisse, kritisierte vor allem die Union. Die Ampel gebe wesentlich mehr Geld aus als vor der Corona-Krise.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte die Pläne in den Etatberatungen verteidigt: Die Koalition beweise damit „Gestaltungsehrgeiz“, hatte er gesagt. Lindner verwies auf Rekordinvestitionen von 70,5 Milliarden Euro - zum Beispiel in Schiene, Straße und Netze. Zugleich sinke die Steuerquote für die Bevölkerung.

Das mit Abstand größte Budget hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit rund 175,6 Milliarden Euro – davon gehen große Teile in die Rentenversicherung, dazu kommen zum Beispiel Ausgaben für das Bürgergeld. Der Verteidigungsetat liegt bei rund 52 Milliarden Euro, hinzu kommen Milliardenmittel aus dem „Sondervermögen“ für die Bundeswehr.

Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, kritisierte, Kürzungen im sozialen Bereich, wie beim Bundeszuschuss an die Deutsche Rentenversicherung, drohende Beitragssatzsteigerungen in der Sozialversicherung und steigende Energiepreise belasteten besonders Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.

Bundesrat will mehr Zeit beim Agrardiesel

Zwar passierte der Bundeshaushalt den Bundesrat - nicht aber das Haushaltsfinanzierungsgesetz. In diesem enthalten sind unter anderem folgende Maßnahmen: Fluggäste müssen sich ab Mai auf höhere Ticketpreise einstellen. Die Ticketsteuer, die für alle Passagiere anfällt, die von deutschen Flughäfen abheben, soll erhöht werden.

Zudem soll eine Verschärfung von Sanktionen beim Bürgergeld auf zwei Jahre befristet werden. Jobcenter dürfen Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate streichen, wenn die Betroffenen zumutbare Jobs immer wieder verweigern.

Und dann ist da der große Brocken Agrardiesel. Bisher können sich Betriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Das soll schrittweise verringert werden. Für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen soll es keine Subventionen mehr geben. Die Pläne der Ampel hatten eine Protestwelle der Landwirte ausgelöst.

Die Einsparmaßnahme aber muss noch durch den Bundesrat. Die Länderkammer befasste sich am Freitag nicht mit dem Haushaltsfinanzierungsgesetz. Einer Fristverkürzung bei Beratungen wurde nicht zugestimmt. Vor allem die Union stemmt sich gegen das Aus der Agrardiesel-Entlastungen.

Der geplante Schritt ist auch bei SPD-Ministerpräsidenten heftig umstritten. „Es ist klar, dass der Bundeshaushalt konsolidiert werden muss. Wenn aber eine Branche einseitig davon betroffen ist, kann das nicht funktionieren“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Bundesrat: „Umso wichtiger ist, dass wir gemeinsam darüber sprechen, wie es nun weitergehen soll.“

Nächster Akt im Bundesrat

Die nächste reguläre Sitzung des Bundesrats ist am 22. März. Bis dahin mindestens also dürfte das Agrardiesel-Thema weiter schwelen. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen – er könnte aber Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Allerdings gibt es in vielen Ländern Koalitionsregierungen mit Ampel-Parteien – und wenn sich eine Landesregierung uneins ist, muss sich das Land im Bundesrat enthalten beziehungsweise kann nicht zustimmen.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, forderte, es müsse nun mit der gewonnenen Zeit sinnvoll umgegangen und Lösungen im Sinne der Landwirtschaft gefunden werden. „Die Steuererhöhung beim Agrardiesel muss vom Tisch.“

Schuldenbremse

Ob die Schuldenbremse wirklich hält, ist bislang nicht endgültig entschieden. Zwar kann die Ampel-Koalition 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen nach der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal aus Überschüssen des Etats 2023 stemmen. Doch Unsicherheit bringen der Ukraine-Krieg und die wackelnde Unterstützung aus den USA für das von Russland angegriffene Land. Sollte Deutschland hier deutlich stärker einspringen müssen als bisher geplant, wollen vor allem SPD und Grüne noch einmal über eine Ausnahme der Schuldenbremse sprechen.

Das ist aber nicht der einzige neue Haushaltsstreit am Horizont. Es laufen bereits Gespräche für den Etat 2025 – und die dürften ebenfalls nicht einfach werden. Allein im Kernhaushalt klafft erneut eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereich. Dazu könnten auch im Klima- und Transformationsfonds Milliarden fehlen - aus diesem Sondertopf werden Projekte wie der Heizungstausch gefördert.

Trotz allen Streits: Über die Grenzen aller Fraktionen hinweg gelten die einflussreichen Haushälter im Bundestag als eingeschworene Truppe – eine Tradition ist, sich auf ein Codewort zu einigen, dass die Haushälter bei den Schlussberatungen in ihre Reden einbauen. So sagte Helge Braun (CDU), der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, mit Blick auf die langen Etatverhandlungen, er habe gedacht, als Ausschussvorsitzender sei die berufliche Vorqualifikation als Narkosearzt und Notfallmediziner hinreichend. „Ich hatte zeitweilig das Gefühl, eine mehrjährige Berufserfahrung als Zirkuspädagoge wäre nicht schlecht gewesen.“