Berlin. Berlins Antisemitismus-Beauftragter Salzborn sorgt sich wegen Juden-feindlicher Stimmung an Schulen. Der Nahost-Konflikt erschwere die Situation zusätzlich.

Der Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus, Samuel Salzborn, hält ein stärkeres Vorgehen gegen Hass auf Juden und auf den Staat Israel an Schulen für nötig. „Antisemitismus muss in den Schulunterricht als festes Themenfeld verankert werden“, sagte Salzborn der Deutschen Presse-Agentur. „Wir kommen nicht umhin, hier nachzusteuern.“

Nach seiner Einschätzung sollten die Rahmenlehrpläne bundesweit entsprechend verändert werden, zumindest in Fächern wie Ethik oder Sozialkunde. Infrage kämen auch Geografie oder zum Beispiel Musik, da oft sogenannter Gangsta-Rap antisemitische Bezüge habe.

Das Wort Jude als Schimpfwort

Nach den Erfahrungen Salzborns haben Antisemitismus und Hass auf Israel bei Berliner Schülern in den letzten 10 bis 15 Jahren deutlich zugenommen. Auch Kinder und Jugendliche aus Familien mit muslimischen und arabischen Wurzeln hätten diese Einstellungen.

„Das Problem ist virulent, in der Vergangenheit gab es auch immer wieder Gewaltvorfälle in dem Zusammenhang“, sagte Salzborn. „Dass das Wort Jude als Schimpfwort und auch als Drohung benutzt wird, ist weit verbreitet.“ Das löse bei jüdischen, aber auch anderen Mitschülerinnen und Mitschülern Angst aus.

„Wir hören immer wieder, dass Eltern jüdischer Kinder diese abmelden von staatlichen Schulen und sie in jüdischen Schulen anmelden.“ Die Bildungsverwaltung versuche in solchen Fällen, Betroffenen unbürokratisch zu helfen und einen Schulwechsel zu ermöglichen.

Im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt, so auch aktuell nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel mit vielen Toten, eskaliere die Situation an den Schulen immer wieder mal, sagte Salzborn. „Aber die Ressentiments gegen Juden und Israel sind auch an den anderen Tagen da.“ Kinder und Jugendliche brächten sie aus ihrem sozialen und familiären Umfeld mit.

Schulungsangebot für Lehrkräfte

Salzborn begrüßte, dass die Berliner Bildungsverwaltung dazu aufgerufen habe, den Angriff der Hamas und seine Folgen im Unterricht offensiv anzusprechen und zu diskutieren. Es sei gut, dass es dazu auch Materialien und Schulungsangebote für Lehrkräfte gebe.

„Es wäre aber auch wichtig, dass sich jetzt insbesondere muslimische Verbände ganz klar gegen Terror und Gewalt positionieren“, sagte Salzborn. Auch diese hätten eine Verantwortung, gerade Kindern und Jugendlichen deutlich zu machen, dass Gewalt keine Lösung für Konflikte sein kann.

Neuköllner Bürgermeister: Nahost-Konflikt Thema an Schulen

Nach Einschätzung des Bezirksbürgermeisters erschwert der Nahost-Konflikt an manchen Schulen in Berlin-Neukölln schon seit längerem den Unterricht. Er beobachte, dass der Nahost-Konflikt auch an einzelnen Schulen in seinem Bezirk ausgetragen wird, sagte Martin Hikel (SPD) dem RBB-Sender Radio Eins. Dabei gehe es vor allem um Schüler und Schülerinnen, die in ihren Familien viel arabische Medien, etwa Fernsehsender und Internetportale, konsumieren würden.

Er sei daher in Kontakt mit den Schulen und dem Berliner Senat, sagte Hikel. „Weil natürlich kann es nicht sein, dass ein Konflikt, der Tausende von Kilometer von Berlin stattfindet, hier auch dafür sorgt, dass unter Umständen die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen nicht vernünftig unterrichten können.“

Am Montag war es nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel zu einem gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen einem Schüler und einem Lehrer an einem Gymnasium in Neukölln gekommen. Ein 14-jähriger Schüler sei mit einer Palästina-Flagge und einem Palästinensertuch in der Schule erschienen, teilte die Polizei mit. Der 61-jährige Lehrer wollte ihm das Tragen der politischen Symbole verbieten. Daraufhin griff ein 15-jähriger Schüler ein und versetzte dem Lehrer einen Kopfstoß. Der Lehrer wehrte sich den Angaben zufolge und schlug den Schüler, der dann wiederum nach dem Lehrer trat. Die Polizei wurde alarmiert und ermittelt wegen Körperverletzung.