Berlin. Der Bundespräsident hatte vor gut einem Jahr eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit angestoßen. Aus der SPD kommt Zustimmung. Doch einen Plan zur Einführung gebe es keineswegs, stellt die Partei klar.

Die Führung der SPD-Fraktion im Bundestag hat sich gegen einen möglichen sozialen Pflichtdienst in Deutschland ausgesprochen. „Wir planen keinen Pflichtdienst in der SPD-Bundestagsfraktion“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, am Freitag in Berlin.

Zuvor hatte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese der „Rheinischen Post“ gesagt, die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „richtigerweise angestoßene Debatte müssen wir nach der Sommerpause weiterführen“. Mast sprach von einem „persönlichen Debattenbeitrag“ von Wiese.

Mast argumentierte: „Wir haben auch den Bundesfreiwilligendienst.“ Es gebe bereits verschiedene Formen, junge Menschen auch neben Schule, Ausbildung und Arbeit mit wichtigen Aspekten der Gesellschaft vertraut zu machen. „Die SPD-Bundestagsfraktion ist weiterhin mit den vielen Herausforderungen des guten Miteinanders in der Gesellschaft beschäftigt.“

Steinmeier hatte vergangenes Jahr die Debatte über die Einführung einer sozialen Pflichtzeit neu angestoßen. Nach seiner Vorstellung soll sie zwischen sechs Monaten und einem Jahr dauern und in unterschiedlichen Phasen des Lebens absolviert werden können.

Ablehnung bei der FDP

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erteilte der Idee eine scharfe Absage. „Alle Argumente zu einem Pflichtdienst sind ausgetauscht - wir als FDP lehnen solch einen Eingriff in das Leben junger Menschen entschieden ab“, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Er forderte eine Diskussion darüber, wie das Ehrenamt und die Bundeswehr-Reserve ohne staatlichen Zwang gestärkt werden können. Wünschenswert sei zudem, dass sich die Ampel-Koalition auf die Vorhaben konzentriere, die im Koalitionsvertrag gemeinsam verabredet wurden. Djir-Sarai sagte: „Die FDP fordert ja auch nicht jeden Tag die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Obwohl wir nach wie vor von der Notwendigkeit überzeugt sind.“

Pflegebevollmächtigte: „Kann uns nicht schaden“

Die Pflegebevollmächtigte der Regierung, Claudia Moll (SPD), sprach sich unterdessen für eine entsprechende Neuerung aus. „Es ist richtig und wichtig, eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit anzustoßen, und ich finde diese Idee aktueller und relevanter denn je“, sagte Moll der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Auch die Pandemiejahre haben gezeigt, wie groß der gesellschaftliche Zusammenhalt und wie hoch die Bereitschaft junger Menschen ist, Verantwortung zu übernehmen.“

Viele wollten sich engagieren und könnten so wertvolle Einblicke in soziale Bereiche erhalten. Das diene der Persönlichkeitsbildung und öffne den Blick auf die Belange von beeinträchtigten oder benachteiligten Menschen sowie auf sozial engagierte Menschen.

Moll sieht in einer möglichen Pflichtzeit auch die Chance, mehr junge Menschen für soziale Tätigkeitsfelder zu gewinnen. „Viele Menschen haben keine Idee davon, was zum Beispiel die Arbeit in einer Pflege- oder Behinderteneinrichtung beinhaltet.“ Sie habe schon erlebt, dass sich Menschen nach einem Praktikum für eine Ausbildung oder ein Studium im sozialen Bereich entschieden haben. Moll: „Eine soziale Pflichtzeit kann uns als Gesellschaft nicht schaden, wenn jeder eine Idee davon bekommt, was soziales Engagement bedeutet.“