Berlin. Die Pflege im Heim wird für Pflegebedürftige und ihre Familien seit Jahren teurer und teurer. Bremsen soll die Belastungen eine gerade besiegelte Reform. Doch die Debatte um Entlastungen geht weiter.

Angesichts immer höherer Kosten für Pflegebedürftige befürwortet laut einer Umfrage eine Mehrheit ein Ende der Zuzahlungen für die reinen Pflegeleistungen in Heimen.

In der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 60 Prozent tendenziell dafür aus, dass die Pflegeversicherung alle Kosten der Pflege abdecken sollte - auf jeden Fall fanden dies 24 Prozent, eher ja sagten 36 Prozent. Eher nein sagten 17 Prozent, auf keinen Fall wollten es 8 Prozent.

Kosten summieren sich

Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten trägt. Heimbewohner und Heimbewohnerinnen müssen einen Eigenanteil für die reine Pflege beisteuern, der seit Jahren steigt. Zum 1. Januar lag er nach Daten des Verbands der Ersatzkassen im bundesweiten Schnitt bei 1139 Euro - nach 912 Euro Anfang 2022.

Im Heim kommen auch noch Zahlungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen dazu. Insgesamt waren so im ersten Jahr im Heim im Bundesschnitt 2411 Euro pro Monat aus eigener Tasche fällig, 278 Euro mehr als Anfang 2022.

Forderung: Zuzahlungen reduzieren

Die gerade beschlossene Pflegereform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht bereits stärkere Entlastungen bei den Eigenanteilen für die reine Pflege vor - indem 2022 eingeführte Zuschläge zum 1. Januar 2024 erhöht werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.

Die Linke forderte einen „Systemwechsel“ in der Pflege. „Dazu gehört, dass eine Pflegevollversicherung künftig alle Pflegekosten ohne Eigenanteil übernimmt“, sagte Co-Parteichefin Janine Wissler am Dienstag. „Das ist finanzierbar, wenn alle Bürgerinnen und Bürger für Beiträge herangezogen werden.“ Auch Besserverdienende müssten „ihren gerechten Anteil“ zahlen.

Linke-Fachpolitiker Ates Gürpinar monierte, bisherige „halbherzige Reformen“ schützten nicht vor finanzieller Überforderung. „Wir brauchen ein System, in dem gute Pflege möglich ist und von der Gesellschaft finanziell getragen wird.“

Um Mehrausgaben der Pflegeversicherung bei einem Aus von Zuzahlungen zu finanzieren, wird laut der Umfrage ein dauerhafter Zuschuss aus Steuermitteln aus dem Bundeshaushalt favorisiert - dies nannten 62 Prozent der Befragten. Eine Erhöhung des Pflegebeitrags nannten 15 Prozent. Dass es anders finanziert werden sollte, sagten 8 Prozent. Für die Umfrage wurden vom 21. bis 23. Juni insgesamt 2033 Menschen ab 18 Jahren befragt.

Der Pflegebeitrag steigt der Pflegereform zufolge zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte, für Kinderlose noch etwas mehr. Familien mit mehreren jüngeren Kindern werden aber entlastet. Vorgesehen sind ab 2024 auch Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige zu Hause.