Berlin. Etliche EU-Staaten beklagen Probleme mit illegaler Migration, deshalb sollen die Asylverfahren nun deutlich verschärft werden. Die Grünen hadern damit, dass auch die deutsche Innenministerin Ja gesagt hat.

Die Grünen streiten weiter heftig über geplanten schärferen Asylregeln in der Europäischen Union. Der Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen sagte der Deutschen Presse-Agentur, ein kleiner Grünen-Parteitag am Samstag müsse klare Kante zeigen gegen den von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mitausgehandelten Kompromiss.

Der Grünen-Innenpolitiker Julian Pahlke sprach von einem „unmenschlichen Beschluss“ der EU-Innenminister. Faeser habe in Luxemburg zugestimmt, „dass auch kleine Kinder in Haftlager müssen“.

Die Chefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, räumte ein, dass es Uneinigkeit gibt. Es sei eine Frage der Ehrlichkeit, die unterschiedlichen Perspektiven nicht zu „verkleistern“. Die gemeinsame Haltung sei nun, Respekt vor abweichenden Meinungen zu haben.

Nach dem EU-Beschluss ist unter anderem ein härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vorgesehen. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Einrichtungen kommen - auch Familien mit kleinen Kindern. Dort soll dann innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob die Antragsteller Chancen auf Asyl haben. Wenn nicht, sollen sie umgehend zurückgeschickt werden.

Kann ein Parteitag die Wogen glätten?

Dröge sagte, viele Regierungen seien auf europäischer Ebene „sehr, sehr restriktiv in der Asylpolitik unterwegs“ - was alle gewusst hätten. „Deswegen war jeder von uns zu harten Kompromissen bereit.“ Am Ende gehe es um die Abwägung, ob es einen minimalen Schritt nach vorne gebe oder nicht. Die Debatte darüber werde nun vom kleinen Parteitag, dem Länderrat, im hessischen Bad Vilbel geführt.

Auch unter den Partei- und Fraktionsspitzen selbst gibt es keine Einigkeit, wie bereits in den vergangenen Tagen deutlich geworden war. Der SPD-Vorstand hatte Faeser dagegen Rückendeckung gegeben, Kanzler Olaf Scholz nannte den Kompromiss sogar „historisch“.

Faeser hatte sich in Luxemburg dafür eingesetzt, dass Familien mit minderjährigen Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte.

Was wird der Trilog bringen?

Anschließend hatte sie gesagt, sie setze darauf, dass das Europäische Parlament noch Änderungen durchsetze. Beim sogenannten Trilog verhandeln Vertreter von EU-Staaten, Europaparlament und EU-Kommission miteinander über Gesetzgebung. Beobachter erwarten, dass der Prozess erst im September in Gang kommt.

Dazu sagte Andresen: „Falls es uns nicht gelingt durchzusetzen, Familien mit Kindern aus den geplanten Haftlagern auszunehmen, darf es keine deutsche Zustimmung zum Asylpaket geben.“ Zurzeit setzten die EU-Innenminister „auf Abschottungssymbole, die die Axt an Menschenrechte legen und den Herausforderungen vor Ort nicht gerecht werden“.

In einem neu gefassten Leitantrag des Grünen-Bundesvorstands für den Länderrat in Bad Vilbel heißt es, in der Einigung im Innenministerrat gebe es Verbesserungen, die ohne deutschen Einsatz nicht zustande gekommen wären. Doch seien zentrale Punkte nicht erreicht worden, und das Ergebnis sei von den Positionen der Grünen weit entfernt. „Gleichzeitig sehen wir das europapolitische Dilemma. In der Gesamtschau bewerten wir das Ergebnis unterschiedlich.“

Neben den verschärften Asylverfahren sehen die EU-Pläne auch mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen vor. Die Aufnahme von Flüchtlingen soll künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Nicht unterstützt wurde die Reform bei dem Luxemburger Treffen von Polen, Ungarn, Malta, der Slowakei und Bulgarien. Tschechien machte nach der Einigung deutlich, dass es sich nicht an dem Solidaritätsmechanismus beteiligt. Polen und Ungarn hatten sich bereits in der Vergangenheit ähnlich geäußert.