Berlin. Vor den für Juni angesetzten Regierungskonsultationen mit China steckt die Außenministerin die Themen ab. Klar ist: Es gibt viel zu besprechen - und einige Ansichten der Chinesen sind grundverschieden.

Außenministerin Annalena Baerbock hat China vor den geplanten Regierungskonsultationen zu einem ehrlichen und offenen Dialog über Differenzen aufgerufen. „Die Liste unserer Themen war bereits in Peking lang, und sie ist nicht kürzer geworden. Faire Wirtschaftsbeziehungen, Sicherheitsfragen im Indopazifik, aber auch die Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten sowie die Frage der Menschenrechte“, sagte die Grünen-Politikerin in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang.

Das Treffen diente der Vorbereitung der für Juni geplanten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, zu denen der neue chinesische Ministerpräsident Li Qiang nach Berlin eingeladen wurde. Solche Gespräche veranstaltet die Bundesregierung mit mehreren engen oder strategisch wichtigen Partnern, darunter Frankreich, Japan, Indien, Brasilien und Israel. Die letzten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen fanden 2021 statt - wegen der Corona-Pandemie damals als Videokonferenz und überschattet von politischen Spannungen.

Festnahme in Peking angesprochen

Es gehöre auch zu einem echten und ehrlichen Dialog, dass sie es offen anspreche, wenn während ihres Aufenthaltes in Peking der Träger des deutsch-französischen Menschenrechtspreises auf dem Weg zur EU-Botschaft verhaftet werde, betonte die Außenministerin. Baerbock: „Gemeinsam mit meinen europäischen Kollegen fordern wir daher dessen Freilassung.“

Sie plädierte auch für Kontakte der Zivilgesellschaften und sagte: „Erst wenn sich die Menschen wieder begegnen, bilden wir Kontakte, die in die Zukunft tragen. Ich wünsche mir, dass wir diese Gespräche deshalb vor allen Dingen in diesem Geiste des Miteinanders, des Kontaktes führen, ergebnisoffen führen und bei allen Unterschieden auch immer das Verbindende miteinander finden.“

Baerbock forderte die chinesische Regierung auf, sich klar zur Souveränität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen zu bekennen. Es müsse bei allen Friedensbemühungen klar sein, „dass die Charta der Vereinten Nationen gilt, die sich auf Souveränität und territoriale Integrität bezieht“, sagte Baerbock. „Das heißt konkret: Russland muss seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen.“ Es werde in Berlin noch über den russischen Angriffskrieg gesprochen. „China kann als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen für die Beendigung des Krieges eine bedeutende Rolle spielen, wenn es sich dazu entscheidet“, sagte sie.

China setzt weiter auf Wirtschaftsbeziehungen zu Russland

Deutlich wurde aber, dass China trotz des Ukraine-Kriegs weiter auf Wirtschaftsbeziehungen zu Russland setzt. „Es gibt normalen Austausch und Kooperationen zwischen chinesischen und russischen Unternehmen. Und dieser normale Austausch darf nicht gestört werden“, sagte Qin Gang laut Übersetzung. Zugleich sei es in China Gesetz, keine Waffen an Krisenregionen zu liefern. Entsprechende Vorschriften gebe es auch für sogenannte Dual Use-Güter, die zivil und militärisch verwendet werden können.

Qin Gang äußerte sich in dem Zusammenhang kritisch zu neuen Russland-Sanktionen der EU. Man sei „strikt dagegen“, dass Länder nach ihren eigenen inländischen Gesetzen einseitige Sanktionen gegenüber China oder anderen Ländern einleiteten, sagte er laut Übersetzung. „Wenn das der Fall wäre, werden wir auch strikt und streng darauf reagieren. Und wir werden auch die legitimen Interessen unseres Landes und unserer Unternehmen verteidigen.“

Baerbock: Sanktionen dürfen nicht unterwandert werden

Baerbock betonte, es sei wichtig, dass Sanktionen nicht über Umwege unterwandert würden. „Besonders kritisch ist es, wenn dabei russische Rüstungsunternehmen an kriegsrelevante Güter gelangen“, sagte sie. Deswegen prüfe die EU sehr zielgenaue Maßnahmen, die sicherstellen sollten, dass sanktionierte Güter nicht in falsche Hände gerieten. „Das richtet sich nicht gegen irgendein spezifisches Land, sondern das bezieht sich speziell auf diese sanktionierten Güter“, betonte sie. Sie erwarte aber von China, dass es auf seine Firmen entsprechend einwirke.

Der chinesische Außenminister warnte vor einer Politik der wirtschaftlichen „Entkopplung“ und davor, Gegensätze anzuheizen oder ein Währungsmonopol auszunutzen - ein offensichtlicher Bezug auf die Politik der USA. „Wenn dieser neue Kalte Krieg Realität wird, würde es nicht nur auf Kosten Chinas, sondern auch auf Kosten Europas gehen“, sagte er laut Übersetzung. Er rief dazu auf, China und Deutschland sollten gemeinsam handeln, um die Stabilität der weltweiten Lieferketten sicherzustellen.