Berlin. Bundesjustizminister Marco Buschmann denkt darüber nach, Unfallflucht in gewissen Fällen weniger hart zu ahnden. Das könnte ein falsches Signal senden, warnen Kritiker.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich kritisch zu Überlegungen des Bundesjustizministeriums geäußert, wonach eine Unfallflucht ohne Personenschaden von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit heruntergestuft werden könnte.

„Ich sehe die Gefahr, dass nun der Eindruck erweckt wird, die Unfallflucht sei bloß ein Kavaliersdelikt“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Michael Mertens dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Auswirkungen für Geschädigte könnten gravierend sein - „gerade für Autobesitzer ohne Vollkaskoversicherung“. Den „Westfälischen Nachrichten“ sagte Mertens, eine Neuregelung würde Staatsanwaltschaften entlasten, aber „Bußgeldstellen belasten, weil sie Ordnungswidrigkeiten bearbeiten“.

Die Überlegungen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stoßen auch bei Vertretern der Justiz auf Skepsis. „Aus Sicht der Justizpraxis besteht kein Anlass, das unerlaubte Entfernen vom Unfallort in Fällen ohne Personenschaden zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds (DRB), Sven Rebehn, der „Augsburger Allgemeinen“. „Die Strafvorschrift hat sich bewährt und gibt den Gerichten ausreichend Spielräume, um Rechtsverstöße jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen“, betonte Rebehn.

Buschmann will das Strafgesetzbuch ausmisten. In einem Brief, den eine Mitarbeiterin seines Ministeriums an Verbände und die Justizministerien der Länder verschickt hat, wird im Zusammenhang mit dem Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort die Frage aufgeworfen, „ob der Gesetzgeber es immer noch für angemessen hält, dass ein Kriminalstrafverfahren bei Vorgängen mit reinen und unbeabsichtigten Sachschäden einzuleiten ist“. Oder ob Fälle, bei denen kein Mensch zu Schaden gekommen ist, womöglich künftig von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden sollten.

Ziel des Schreibens aus dem Bundesjustizministerium ist es offensichtlich, mit Experten und Verantwortlichen zu möglichen Reformvorschlägen frühzeitig ins Gespräch zu kommen. Die Angeschriebenen wurden bis zum 23. Mai um Stellungnahme gebeten. Eine Sprecherin des Ministeriums betont jedoch am Dienstag, die Überlegungen seien noch in einem frühen Stadium.

Aktuell werden Unfallbeteiligte, die sich unerlaubt von einem Unfallort entfernen, mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft. Das könnte, wenn die Überlegungen aus dem Justizministerium tatsächlich umgesetzt werden sollten, so künftig nur noch bei Unfällen mit Personenschaden gelten.