Berlin. Während die Debatte um die Kindergrundsicherung Fahrt aufnimmt, zeigt sich der Finanzminister zögerlich. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht das Geld als „gut investiert“ an.

Finanzminister Christian Lindner steht Forderungen nach mehr Geld für die geplante Kindergrundsicherung skeptisch gegenüber. „Nicht alles, was wünschenswert ist, geht sofort“, sagte der FDP-Chef dem Nachrichtenportal t-online (Mittwoch). „Konkret bei der Kindergrundsicherung gibt es noch gar kein Konzept“, fügte er an.

Aus seiner Sicht gehe es vor allem um die Digitalisierung und Vereinfachung der Förderung von Kindern, und nicht notwendigerweise um mehr Geld. „Höhere Transfers sind nicht immer der Königsweg.“

Leistungen werden oft nicht beantragt

Bei der Kindergrundsicherung sollen diverse Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. Viele Familien beantragen Leistungen bislang wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden nicht. Familien und ihre Kinder sollen ab 2025 von der Grundsicherung profitieren.

Lindner wies darauf hin, dass die Kinderarmut vor allem durch Zuwanderung gestiegen sei. „Nehmen wir also das Beispiel einer Familie, in der die Eltern keine Arbeit haben und kein Deutsch sprechen. Überweisen wir ihnen dann einfach mehr Geld? Oder investieren wir in die Sprachförderung von Eltern und Kindern? Und in das Bemühen, die Eltern in den Arbeitsmarkt zu integrieren?“ Davon profitierten auch Kinder nachhaltig, erklärte der Finanzminister.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte der Deutschen Presse-Agentur, wer die Kindergrundsicherung als bloße Verwaltungsreform sehe, habe den Kern der Reform missverstanden. „Zu blockieren, wenn es darum geht Kinder aus der Armut zu holen, bedeutet Investitionen in die Zukunft unseres Landes zu verweigern.“

Unverständnis zu Lindners Haltung äußerte auch der Sozialverband Deutschland (SoVD). Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ): „Wir brauchen jetzt eine schnelle Umsetzung der Kindergrundsicherung, und dafür muss natürlich auch Geld in die Hand genommen werden. Dass nun Teile der FDP und der Bundesfinanzminister die Handbremse ziehen, ist beschämend.“

Kritik von der Linken

Der Kritik am Finanzminister schloss sich auch die Linke an. „Es ist einfach möglich, das dafür benötigte Geld mit einer Vermögens- und Erbschaftsteuer bei den Superreichen oder einer echten Übergewinnsteuer bei den Konzernen zu holen“, sagte der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan. Aber zu einer Politik, die den Superreichen nehme und den armen Kindern gebe, fehle dem Finanzminister der Wille.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rechnet für die Einführung einer Kindergrundsicherung mit jährlichen Mehrausgaben von 12,5 Milliarden Euro. Das ergibt sich aus einem Thesenpapier des Bundesvorstandes, das dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Vorstandsmitglied Anja Piel sagte demnach: „Eine Kindergrundsicherung, die Kinderarmut bekämpft, wird Geld kosten.“ Die veranschlagten Mehrkosten von 12,5 Milliarden Euro seien deshalb „gut investiertes Geld“. Zur Finanzierung müssten große Vermögen und Einkommen „endlich stärker herangezogen werden“.