Hannover. Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen kann kommen. Nach der SPD von Ministerpräsident Stephan Weil stimmt auch ein Grünen-Parteitag dem Bündnis zu - wenn auch nicht geschlossen.

Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen nimmt Form an: Sowohl die SPD als auch die Grünen stimmten der Koalition am Wochenende bei ihren Parteitagen zu. Beide Partner wollen nun am Montag ihren Koalitionsvertrag unterzeichnen. Einen Tag später kommt der Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dann soll Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wiedergewählt werden, er steht vor seiner dritten Amtszeit. Außerdem wird das Kabinett vereidigt.

Die SPD war bei der Landtagswahl am 9. Oktober mit 33,4 Prozent klar stärkste Kraft vor der CDU geworden. Die Grünen hatten mit 14,5 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis in Niedersachsen eingefahren.

Die Pläne für die neue Landesregierung sehen vor, dass die SPD neben Regierungschef Weil sechs Ministerinnen und Minister stellt und die Grünen vier Ressorts erhalten.

Die Kabinettsposten sind bereits verteilt

Für die SPD bleiben Innenminister Boris Pistorius und Sozialministerin Daniela Behrens im Amt, Olaf Lies wechselt vom Umwelt- ins Wirtschaftsministerium. Neu ins Kabinett einziehen werden Kathrin Wahlmann (Justiz), Falko Mohrs (Wissenschaft und Kultur) und Wiebke Osigus (Bund und Europa). Für die Grünen soll die Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg Kultusministerin werden, Christian Meyer Umweltminister, Gerald Heere Finanzminister und Miriam Staudte Agrarministerin.

Der Sonderparteitag der SPD dauerte am Samstag weniger als zwei Stunden, die Grünen brauchten am Sonntag dann deutlich länger. Ministerpräsident Weil erklärte, in den Verhandlungen habe die SPD keine nennenswerte Abstriche machen müssen. Man unterscheide sich von den Grünen in Nuancen, aber nicht fundamental. In der SPD-Aussprache zum Koalitionsvertrag meldeten sich nur wenige Parteimitglieder zu Wort, Kritik hielt sich in Grenzen. Bei der SPD-Abstimmung gab es eine Gegenstimme.

Bei der Grünen-Abstimmung über den Koalitionsvertrag gab es mehrere Gegenstimmen und Enthaltungen. Kritik gab es etwa mit Blick auf den Umgang mit einem Neubau der Küstenautobahn A20. Nach einem Kompromiss mit dem Landesvorstand erklärten die Grünen, man wolle sich beim Bund dafür einsetzen, dass Autobahnen und Fernstraßen wie die A20/A26, A39 und A33 Nord nicht gebaut werden, weil sie klimaschädlich sind.

Nachtragshaushalt soll schnell kommen

Ministerpräsident Weil hatte bereits in seiner ersten Amtszeit (2013-2017) zusammen mit den Grünen regiert. Diese Zusammenarbeit nahm allerdings ein unvorhergesehenes Ende, als eine Grüne-Abgeordnete im Sommer 2017 zur CDU wechselte und SPD und Grüne ihre knappe Mehrheit verloren. Nach der Neuwahl regierte die SPD bis jetzt mit der CDU. Weil hatte aber stets betont, dass eine erneute Zusammenarbeit mit den Grünen sein Wunschbündnis sei.

Die offiziellen Koalitionsverhandlungen dauerten diesmal nur wenige Tage. Zu den Themen, die Rot-Grün umsetzen will, zählen ein landesweites Nahverkehrsticket für Schüler, Azubis und Freiwilligendienstleistende für monatlich 29 Euro, ein höheres Einstiegsgehalt für viele Lehrerinnen und Lehrer und die Gründung einer landeseigenen Wohnungsgesellschaft, die mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen soll.

Das erste große Projekt soll jedoch ein Entlastungspaket in der Energiekrise werden. Weil bekräftigte am Samstag, dass zur Finanzierung noch in diesem Monat ein Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht werden soll. Das Paket soll voraussichtlich rund eine Milliarde Euro umfassen. Unter anderem sollen damit kleine und mittlere Unternehmen, aber auch Kultur- und Sporteinrichtungen sowie der Gesundheits- und Pflegesektor unterstützt werden.