Düsseldorf. Eine Affäre um Umweltministerin Heinen-Esser und weitere Kabinettsmitglieder kommt für die Regierung zur Unzeit - in fünf Wochen ist in NRW Landtagswahl. Die Opposition fordert Konsequenzen.

Eine Affäre um Umweltministerin Heinen-Esser (CDU) und weitere Kabinettsmitglieder setzt Nordrhein-Westfalens Regierung knapp fünf Wochen vor der Landtagswahl massiv unter Druck.

Heinen-Esser lehnte einen Rücktritt nach neuen Enthüllungen zu ihrem Mallorca-Aufenthalt nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 auch am Donnerstag ab. Vor Journalisten sagte sie, sie werde die Folgen der Hochwasserkatastrophe und das Thema Lebensmittelversorgung infolge des Ukraine-Kriegs weiter abarbeiten.

Geburtstag auf Mallorca gefeiert

Heinen-Esser hatte anderthalb Wochen nach Beginn der Flutkatastrophe in NRW laut Medienbericht den Geburtstag ihres Mannes auf der Ferieninsel Mallorca gefeiert - zusammen mit Bauministerin Ina Scharrenbach, Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner sowie damaligen Staatssekretärin und heutigen Bundestagsabgeordneten Serap Güler (alle CDU). Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte die gemeinsame Feier am 23. Juli 2021 am Donnerstag enthüllt. Heinen-Esser selbst bestätigte ein "Abendessen" mit den drei genannten Politikern.

Die Opposition sprach von einem handfesten Skandal. SPD und Grüne forderten von Ministerpräsident Hendrik Wüst Aufklärung und personelle Konsequenzen. Der CDU-Politiker ist auch Spitzenkandidat für die Christdemokraten bei der Landtagswahl am 15. Mai. Wüsts Wahlkampf droht stark belastet zu werden. Den jüngsten Meinungsumfragen zufolge liefern sich CDU und SPD in der Wählergunst derzeit weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

"Mallorca-Gate der Landesregierung"

Aus Sicht der SPD handelt es sich um ein "Mallorca-Gate der Landesregierung". Der Ministerpräsident sei gefordert, die Affäre umgehend vollständig aufzuklären, verlangte SPD-Partei- und Fraktionschef Thomas Kutschaty - Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für den 15. Mai. "Ein solch instinkt- und pietätloses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen." Während Zehntausende Betroffene des Hochwassers mit den Flutfolgen kämpften, hätten es sich hochrangige Vertreter der NRW-Landesregierung auf Mallorca "gut gehen lassen".

Die Grünen im NRW-Landtag warfen der Umweltministerin vor, Parlament und Öffentlichkeit belogen zu haben. Sie räume die Wahrheit "nur scheibchenweise und gezwungenermaßen nach Recherchen ein", kritisierte Fraktionschefin Verena Schäffer. Das gelte auch für Scharrenbach, Holthoff-Pförtner und Güler. Wüst müsse darlegen, "welche Konsequenzen er zieht, angesichts dessen, dass Teile seines Kabinetts vor dem Parlament die Unwahrheit sagen und es offenbar mit ihrem Amtseid nicht so genau nehmen".

Heinen-Esser steht bereits seit längerem in der Kritik, weil sie ihren Mallorca-Urlaub nach dem Hochwasser Mitte Juli zwar kurz unterbrochen, dann aber fortgesetzt hatte. Diesen Schritt hatte sie zunächst damit begründet, sie habe ihre minderjährige Tochter zurückholen müssen, die mit Freundinnen auf der Insel zurückgeblieben war. Von einer Geburtstagsfeier hatte sie aber auch dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Düsseldorf nichts mitgeteilt. Der Landtag wollte sich am Nachmittag mit der Flut befassen - geplant war eine Debatte über den Zwischenbericht des U-Ausschusses.

49 Todesopfer in Nordrhein-Westfalen

Bei der Katastrophe waren verheerende Schäden verursacht worden, es gab 49 Todesopfer in Nordrhein-Westfalen, die Schaden liegen in zweistelliger Milliardenhöhe. Heinen-Esser und Scharrenbach als Ministerinnen auf Regierungsseite seien für die Hilfen nach der Flut fachlich zuständig gewesen, betonte Kutschaty. Er rügte "einen Schlag ins Gesicht all derer, die in dieser Katastrophe so viel verloren haben". Nach "Salamitaktik und Vertuschungsversuchen der Umweltministerin" im U-Ausschuss zeige sich nun, dass "offenbar ein echter Skandal unter der Decke gehalten werden" sollte.

Das Bauministerium und das Haus von Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner äußerten sich auf Anfrage der dpa zunächst nicht.

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