Berlin. In der Pandemie waren es vor allem Mütter, die sich um die Kinder gekümmert haben, wenn Kitas oder Schulen geschlossen waren. Familienministerin Anne Spiegel plädiert für eine differenzierte Betrachtung.

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel bricht nach zwei Jahren Corona-Pandemie eine Lanze für Familienväter. Dramatische Rückschritte bei der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sieht sie nicht.

"So schnell hat Corona die Gleichberechtigung nicht zurückgedreht. Viele Väter, die sich in der Pandemie stärker für die Familie engagiert haben, wollen das auch in Zukunft beibehalten", sagte die Grünen-Politikerin, selbst Mutter von vier Kindern im Kita- und Grundschulalter, der "Bild am Sonntag".

Studien hatten ergeben, dass die Kita- und Schulschließungen während der ersten Corona-Welle vor allem Mütter belastet hatten. Für beschäftigte Frauen mit Kindern bis zwölf Jahren stieg die für Job, Pendeln, Kinderbetreuung und Haushalt aufgewendete Zeit im Frühjahr 2020 um acht Stunden pro Woche, für Väter um nur drei Stunden, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) in Nürnberg mitteilte.

Mütter bleiben mit Kindern zu Hause

Nach Daten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind es vor allem die Mütter, die zur Betreuung der Kinder zu Hause bleiben und beruflich ihre Arbeitszeit reduzieren, wenn Kitas oder Schulen wegen Corona schließen oder ein Amt die Kinder in Quarantäne schickt. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke hatte deshalb beklagt, dass längst überwunden geglaubte traditionelle Rollenbilder durch die Pandemie ein Comeback in der Arbeitswelt erlebten.

Spiegel plädierte für eine differenzierte Betrachtung: "Ganz klar: Mütter waren und sind in der Krise sehr stark belastet", sagte sie. "Aber eine Reihe von Untersuchungen zeigen uns, dass sich auch die Väter im Lockdown, als Schulen und Kitas geschlossen waren, sehr stark engagiert haben."

In Spiegels Familie kümmert sich vorrangig ihr nicht berufstätiger Mann um die Kinder. "Als Ministerin bin ich sehr viel unterwegs. Aber wenn ich mal Zeit habe, kaufe ich ein, mache die Wäsche und das Geschirr, koche, erledige den Orgakram für Schule und Kita und spiele mit den Kindern." Für sie bedeute es totale Entspannung, wenn sie bei der Hausarbeit mit den Händen arbeiten könne. "Ganz ehrlich: Es gibt für mich nichts Erholsameres, als wenn vier Kinder auf mir rumtoben."

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