Berlin. Ein Oberverwaltungsgericht hat die 2G-Regel im Einzelhandel gekippt. Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds stößt sich an den Entscheidungen der “kleinen Richterlein“ - und wird dafür kritisiert.

Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, hat Richter für einige Urteile zu Corona-Regeln kritisiert und damit eine Debatte auf Twitter ausgelöst.

"Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten", sagte Montgomery der "Welt". Da maße sich ein Gericht an, etwas, das sich wissenschaftliche und politische Gremien mühsam abgerungen hätten, mit Verweis auf die Verhältnismäßigkeit zu verwerfen. "Da habe ich große Probleme. Es gibt Situationen, in denen es richtig ist, die Freiheitsrechte hinter das Recht auf körperliche Gesundheit - nicht nur der eigenen Person, sondern Aller - einzureihen. Und eine solche Situation haben wir", betonte der Ärztevertreter.

Meinungen zu Montgomery

Auf Twitter gab es viel Kritik an Montgomerys Aussage und Wortwahl. Die CDU-Politikerin Karin Prien, Wissenschaftsministerin in Schleswig-Holstein, schrieb: "Richter zu diskreditieren, weil man (vorläufige) Entscheidungen für falsch hält oder sie nicht versteht, ist anmaßend und zeugt von mangelnden Rechtsstaatsverständnis."

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann wies Kritik an Richtern wegen Urteilen zu Corona-Regeln zurück. "Deutschland kann stolz sein auf seine hervorragend qualifizierte und unabhängige Richterschaft. Sie öffnet den Zugang zum Recht und erweckt die Idee des Rechtsstaats zum Leben", schrieb der FDP-Politiker am Sonntagabend auf Twitter. "Daher verdient sie Respekt - und zwar unabhängig davon, ob dem Betrachter jede Entscheidung gefällt", fügte Buschmann hinzu.

Gericht: FFP2-Pflicht ist möglich

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte am 16. Dezember die 2G-Regel im Einzelhandel des Bundeslandes gekippt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht. Unter anderem beanstandete der Senat, dass verlässliche und nachvollziehbare Feststellungen zum tatsächlichen Infektionsrisiko im Einzelhandel fehlten. Zudem könnte der Staat Kunden auch im Einzelhandel verpflichten, eine FFP2-Maske zu tragen. Dies würde das Infektionsrisiko derart absenken, "dass es nahezu vernachlässigt werden könne", erklärte das Gericht.

Bund und Länder hatten am 2. Dezember beschlossen, dass bundesweit und unabhängig von der Inzidenz 2G im Einzelhandel gelten soll. Ausnahmen von der 2G-Regel gelten für Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkte und Drogerien.

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