Güstrow. Nach der betonten Harmonie der vergangenen Wochen war damit zu rechnen: SPD und Linke in Mecklenburg-Vorpommern stimmen dem Koalitionsvertrag fast einstimmig zu.

Die rot-rote Landesregierung in Schwerin kann starten. Nach den beiden Parteitagen in Wismar und Güstrow, bei denen die Delegierten nahezu einstimmig die Koalitionsvereinbarung absegneten, wurde in Schwerin der Koalitionsvertrag unterschrieben.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und der Fraktionsvorsitzende Thomas Krüger für die SPD sowie die Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg und Co-Parteichefin Wenke Brüdgam für die Linken setzten am Samstagnachmittag ihre Unterschriften unter das 77 Seiten umfassende Werk.

"Wir freuen uns darauf, dass wir jetzt mit dem Aufbruch 2030 loslegen können", sagte Schwesig. Oldenburg hob noch einmal die großen Gemeinsamkeiten beider Parteien hervor. Dies sei "ein gemeinsamer Aufbruch für unser Mecklenburg-Vorpommern." Anfang kommender Woche soll Schwesig im Landtag als Ministerpräsidentin wiedergewählt und anschließend ihr Kabinett vereidigt werden.

In ihrer rund 45-minütigen Rede hatte Schwesig in Wismar um Zustimmung für den Vertrag geworben. Sie betonte den Dreiklang aus einer starken Wirtschaft mit guten Löhnen, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung, der im Mittelpunkt der neuen fünfjährigen Legislaturperiode stehen soll.

Sie sei sich der großen Verantwortung bewusst und habe das Wahlergebnis mit Demut angenommen, sagte Schwesig. Keine andere Partei habe eine solche Zukunftskompetenz wie die SPD, betonte sie. Einer der Schwerpunkte der kommenden Jahre soll die Beteiligung der Jugend sein. "Die Zukunft beginnt jetzt", erklärte die Ministerpräsidentin. So werde das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt.

Vorgesehen ist weiter die Einführung eines zusätzlichen gesetzlichen Feiertags am 8. März, dem Internationalen Frauentag. Verbesserungen planen beide Parteien in Kitas, Horten und Schulen. Die Landwirtschaft wollen sie umweltfreundlicher machen - die ökologisch bewirtschaftete Agrarfläche soll bis 2026 um ein Drittel wachsen.

"Die Linke ist regierungsfähig, und die Linke ist auch regierungswillig", sagte der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, in Güstrow. "Es ist eine Chance für uns." Vor allem sei es eine Chance für das Land. Oldenburg forderte, dass der Koalitionsvertrag mit Leben gefüllt werden muss. "Diese historische Chance dürfen wir nicht vermasseln."

In der rot-roten Regierung soll Oldenburg Bildungsministerin und Vize-Ministerpräsidentin werden. Ihre Parteifreundin Jacqueline Bernhardt soll das Justizministerium übernehmen. Die Delegierten in Güstrow stimmten einstimmig für die Bestellung beider Ministerinnen.

Am Schweriner Kabinettstisch werden Frauen erstmals in der Geschichte des Bundeslandes in der Mehrzahl sein. Neben Schwesig haben sich SPD und Linke auf vier Ministerinnen und vier Minister verständigt.

Die SPD hatte die Landtagswahl am 26. September mit 39,6 Prozent klar gewonnen. Die Linke kam auf 9,9 Prozent. Das rot-rote Bündnis hat im 79 Mitglieder zählenden Landtag 43 Sitze. Die SPD stellt dabei 34 Abgeordnete, die Linke 9.

Eine rot-rote Landesregierung gab es in Mecklenburg-Vorpommern schon einmal von 1998 bis 2006. Dann wechselte der damalige Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) zur CDU als kleinem Regierungspartner, weil ihm die rot-rote Mehrheit von seinerzeit einer Stimme im Landtag zu wackelig erschien.

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