Frankfurt/Main. Nach einer langen Corona-Pause nimmt der Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland wieder Fahrt auf. In Frankfurt diskutiert die Synodalversammlung Vorschläge zur Erneuerung.

Katholische Reformgruppen haben den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland vor der zweiten Synodalversammlung des Reformprozesses in Frankfurt als "dringend notwendig" bezeichnet.

Dies gelte insbesondere für die Überwindung der sexualisierten Gewalt, betonte Christian Weisner von "Wir sind Kirche" am Donnerstag in Frankfurt. Die Reform- und Frauengruppen wollten den Synodalen Weg begleiten. "Die Kirche ist zu wichtig, als dass man sie den Klerikern überlassen kann", sagte Weisner.

Ungeachtet einer schon viel zu lange dauernden Blockade des Reformprozesses gebe es auch positive Signale, etwa vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing. "Das Problembewusstsein ist angekommen."

Aufeinander zu oder voneinander weg?

Von einer "schwierigen Herausforderung des Miteinander" sprach die Theologin Agnes Wuckelt von der katholischen Frauengemeinschaft vor Beginn der zweiten Synodalversammlung nach kritischen Worten konservativer Bischöfe über den Reformprozess. "Wird es gelingen, die Formen der Höflichkeit zu wahren, oder ist die Situation so angespannt, dass wir uns aus dem Weg gehen?", fragte Wuckelt.

Die Synodalversammlung ist das zentrale Gremium des derzeitigen Reformprozesses. Wegen der Corona-Pandemie war sie zweimal verschoben worden. Ziel des Prozesses ist es, die Kirche in wesentlichen Punkten zu erneuern. Die Synodalversammlung hat 230 Mitglieder. Neben den 69 deutschen Bischöfen und 69 Vertretern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) als Vertretung der Laien nehmen auch 92 Vertreter verschiedener katholischer Berufsgruppen teil.

Die Versammlung behandelt vier Themenfelder: die Position der Frau in der Kirche, den Umgang mit Macht, die katholische Sexualmoral und die priesterliche Ehelosigkeit (Zölibat). Die vier Themen sind jeweils einem Forum zugeordnet, das den Komplex bearbeitet. Jedes Forum hat für seinen Bereich Reformvorschläge ausgearbeitet.

"Es geht um erste Weichenstellungen"

"Wir werden über die vorliegenden Texte der Foren beraten", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, der Deutschen Presse-Agentur. "Es gibt viele Änderungswünsche. Darüber wird abgestimmt und dann gehen die Texte zur Weiterarbeit in die Foren zurück. Es geht also um erste Weichenstellungen, noch nicht um endgültige Beschlüsse."

Konservative Kritiker des Synodalen Wegs wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer werfen den Reformern vor, dass der ganze Prozess zum Scheitern verurteilt sei, weil der Vatikan am Ende doch keine wesentlichen Änderungen mittragen werde. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte dazu der dpa: "Es gibt Fragen, die lassen sich in der Tat nur zusammen mit Rom klären. Wir setzen auf die Erkenntnis, die ja dort längst da ist, dass die Zeichen der Zeit erkannt werden. Im Vatikan hat man sehr wohl erkannt, dass sich etwas ändern muss."

"Machtstrukturen lassen sich ändern"

Daneben gebe es aber auch Reformen, die die deutschen Katholiken eigenverantwortlich durchsetzen könnten, ohne dabei gegen Kirchenrecht zu verstoßen. "Machtstrukturen lassen sich ändern", sagte Sternberg. Engagierte Gläubige dürften in den Gemeinden künftig nicht nur beratend tätig sein, sondern müssten stärker an der Leitung beteiligt werden. "Frauen müssen verstärkt gefördert werden und auch Leitungspositionen in der Kirche bekommen", forderte Sternberg. "Die Vielfalt der Lebensformen muss gesehen und anerkannt werden. Der Segen für gleichgeschlechtliche Paare, den es ja längst gibt, sollte selbstverständlich werden." Eben das aber hatte der Vatikan kürzlich noch ausdrücklich verboten.

Auslöser für den Synodalen Weg war der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. "Wer Missbrauch künftig verhindern will, muss Strukturen ändern", sagte Sternberg. "Da kann man nicht an der Oberfläche der Dinge bleiben."

© dpa-infocom, dpa:210930-99-422820/4