Itzehoe. Eine 96 Jahre alte Angeklagte ist nach zwischenzeitlicher Flucht wieder gefasst. Sie muss sich wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen im KZ Stutthoff vor Gericht verantworten. Nun wird ihre Hafttauglichkeit geprüft.

Nach zwischenzeitlicher Flucht ist die Angeklagte im Prozess um NS-Verbrechen im Konzentrationslager Stutthof gefasst worden. Die Polizei führe die 96-Jährige dem Gericht vor, sagte eine Sprecherin des Itzehoer Landgerichts am Donnerstag.

Anschließend solle ein Arzt die Hafttauglichkeit der Frau prüfen. Danach entscheide die Kammer, ob die Haft vollstreckt oder die Frau verschont werde.

Wegen der Flucht der Angeklagten hatte das Itzehoer Landgericht die Verhandlung zuvor auf den 19. Oktober vertagt und einen Haftbefehl gegen die Angeklagte erlassen. "Gegen eine ausgebliebene Angeklagte findet die Hauptverhandlung bekanntlich nicht statt", sagte der Vorsitzende Richter Dominik Groß.

Nach Angaben der Gerichtssprecherin hatte die 96-Jährige ihr Heim in Quickborn (Kreis Pinneberg) am Morgen in unbekannte Richtung verlassen. "Sie hat ein Taxi genommen." Fahrziel sei eine U-Bahn-Station in Norderstedt am Hamburger Stadtrand gewesen. Wo die Frau wieder gefasst wurde, sagte die Sprecherin nicht.

Der ehemaligen KZ-Sekretärin Irmgard F. wird Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen vorgeworfen. Als Stenotypistin und Schreibkraft in der Kommandantur von Stutthof soll sie zwischen Juni 1943 und April 1945 den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Gefangenen Hilfe geleistet haben.

In dem deutschen KZ bei Danzig und seinen Nebenlagern sowie auf den sogenannten Todesmärschen zu Kriegsende starben nach Angaben der für die Aufklärung von NS-Verbrechen zuständigen Zentralstelle in Ludwigsburg rund 65.000 Menschen.

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