Berlin. Mit Lobbyisten versuchen Unternehmen oder Verbände, Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Sie sind aber auch wichtige Gesprächspartner für Politiker, die verschiedene Seiten hören wollen. Die große Koalition einigt sich auf etwas mehr Transparenz.

Vertreter von Opposition und Zivilgesellschaft haben das zwischen den Fraktionen von CDU/CSU und SPD ausgehandelte Lobbyregister als unzureichend kritisiert.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, bemängelte "scheunentorgroße Ausnahmen". Linksfraktions-Geschäftsführer Jan Korte nannte das Register zahnlos und sprach von Pseudo-Transparenz. Die Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, bezeichnete die Pläne als unzureichend.

Am Vortag hatten sich die Fraktionen der großen Koalition auf die Ausgestaltung des neuen Registers geeinigt. Die Pflicht zur Registrierung soll für Lobbyarbeit bei Bundestags-Abgeordneten, Fraktionen und Bundesregierung gelten. Professionelle Interessenvertreter müssen Angaben zu ihrem Arbeits- oder Auftraggeber, zur Anzahl der Beschäftigten und zu finanziellen Aufwendungen machen. Das Lobbyregister soll digital beim Bundestag geführt werden und öffentlich einsehbar sein. Bei Verstößen soll ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro drohen. Einzelne Kontakte müssen Lobbyisten allerdings nach SPD-Angaben nicht offenlegen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, das Register werde ein "wirksames Instrument für mehr Transparenz in der Gesetzgebung". Ein entscheidender Faktor sei, dass aufseiten der Bundesregierung Treffen bis hinunter zur Ebene eines Unterabteilungsleiters eine Pflicht zum Eintrag in das Register begründen, weil Gesetzentwürfe ganz überwiegend innerhalb der Regierung erarbeitet würden. "Aus diesem Grund wäre es auch sinnvoll gewesen, noch transparenter zu machen, wessen Anliegen von einem Gesetzentwurf betroffen sind und wer sich in den Gesetzgebungsprozess eingebracht hat", sagte Lambrecht. Dieser "exekutive Fußabdruck" sei mit der Union aber nicht umsetzbar gewesen.

Die Formulierung "exekutiver Fußabdruck" zielt insbesondere auf die Exekutive, also die Bundesregierung. Oppositionsvertreter sprachen vor allem vom "legislativen Fußabdruck", was Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess insgesamt umschreibt.

Linken-Politiker Korte betonte: "Wir feiern erst, wenn auch der legislative Fußabdruck kommt. Bevölkerung und Abgeordnete haben ein Recht zu wissen, welche Lobbyisten auf welche Regelungen in den Regierungsentwürfen Einfluss genommen haben." Das bemängelten auch FDP und Grüne. Buschmann von der FDP merkte an: "Offenbar vom schlechten Gewissen wegen der jüngsten Vorwürfe gegen einen Abgeordneten der Koalition getrieben, geht es nun endlich wieder voran. Ähnlich äußerte sich auch die Grüne Haßelmann: "Dass die SPD beim legislativen Fußabdruck einknickt, während CDU/CSU durch die Masken-Affäre treiben, ist absolut unverständlich."

Die Rufe nach einem Register für Interessenvertreter waren zuletzt nach Ermittlungen gegen den CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein wieder lauter geworden. Gegen ihn wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt. Laut Nüßleins Anwalt hält sein Mandant die Vorwürfe für nicht begründet.

Oliver Huizinga von Foodwatch forderte ebenfalls Klarheit über konkrete Termine von Interessenvertretern. In der vereinbarten Form sei das Register "in Wahrheit nicht viel mehr als ein Lobbyisten-Telefonbuch". Auch Roman Ebener von Abgeordnetenwatch kritisierte: "Worüber und mit wem gesprochen wird, bleibt im Dunkeln. Die Öffentlichkeit erfährt also kaum mehr als bisher." Timo Lange von Lobby Control lobte, mit dem Register sei "ein wichtiger Schritt hin zu Transparenz im Lobbyismus gemacht, auch wenn es sich um einen Kompromiss handelt und wir uns deutlich mehr gewünscht hätten".

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