Berlin. Die SPD ist in der Frage der Bewaffnung von Drohnen gespalten. Jetzt bezieht der sozialdemokratische Minister Position, der für die Auslandseinsätze der Bundeswehr eine besondere Verantwortung hat. An der Vertagung der Entscheidung will er aber nichts ändern.

Im Streit über die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen hat sich Außenminister Heiko Maas auf die Seite der Befürworter gestellt.

"Wenn es Material gibt, das zum Schutz deutscher Soldaten und Soldatinnen im Ausland wirklich erforderlich ist, sollte man es den Soldaten auch zur Verfügung stellen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig verteidigte der SPD-Politiker aber wie zuvor schon Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz die Entscheidung seiner Partei- und Fraktionsführung, die Debatte über das heikle Thema fortzuführen. "Wenn Teile des Parlaments der Auffassung sind, dass das noch nicht ausdiskutiert ist, dann akzeptiere ich das."

Die Bundeswehr hat Drohnen, also ferngesteuerte Flugzeuge ohne Besatzung, bisher nur zu Aufklärungszwecken eingesetzt, beispielsweise in Afghanistan oder Mali. In der aktuellen Debatte geht es darum, ob die neuen Drohnen vom Typ Heron TP, die bald von Israel an die Bundeswehr ausgeliefert werden sollen, bewaffnet werden sollen. Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans und Fraktionschef Rolf Mützenich hatten Anfang der Woche weiteren Diskussionsbedarf dazu angemeldet und die Bewaffnung damit erst einmal auf Eis gelegt, was bei den Koalitionspartnern von CDU und CSU für Empörung gesorgt hat.

"Das Entscheidende für mich ist, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden", sagte Maas dazu. "Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass schwierige Prozesse zu langwierigen Diskussionen führen." Die Verlängerung der Debatte werde "möglicherweise (...) dazu führen, dass in dieser Legislaturperiode keine Entscheidung mehr getroffen wird".

Das Auswärtige Amt ist zusammen mit dem Verteidigungsministerium und dem Bundeskanzleramt für die Vorbereitung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zuständig, über die dann der Bundestag abstimmt. Maas hat also eine besondere Rolle bei dem Thema.

In der Sache machte er sich das Hauptargument der Befürworter zu eigen. "Ich bin der Auffassung, dass man den deutschen Soldaten in Auslandseinsätzen den bestmöglichen Schutz zur Verfügung stellen sollte. Ich kann als Bundestagsabgeordneter, der ich ja auch bin, nicht Entscheidungen treffen, auf deren Grundlage deutsche Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätze geschickt werden, ohne ihnen auch den bestmöglichen Schutz mitschicken zu wollen", betonte er. Er verwies darauf, dass schon jetzt bewaffnete Drohnen in internationalen Einsätzen verwendet werden, an denen die Bundeswehr beteiligt ist. Sie würden nur von anderen Ländern zur Verfügung gestellt.

"Drohnen zur Aufklärung einzusetzen, aber auch zum Schutz von Soldaten, zur Abwehr unmittelbarer und konkreter Gefahren, halte ich für richtig und nachvollziehbar", betonte Maas. Er äußerte zwar Verständnis für die Vorbehalte in der SPD, dass Drohnen auch für offensive Kampfhandlungen verwendet werden könnten, sagte aber dazu auch: "Dass es nicht unser Weg sein kann, Drohnen offensiv einzusetzen, ist auch klar."

Die Debatte über die Bewaffnung von Drohnen wird in Deutschland bereits seit fast zehn Jahren geführt. Die Gegner von Kampfdrohnen argumentieren, dass die Hemmschwelle zum Waffeneinsatz im Vergleich zu bemannten Kampfflugzeugen niedriger sei, da der Drohnenpilot sich nicht selbst gefährde.

In der SPD sind vor allem die Verteidigungspolitiker für die Bewaffnung der Bundeswehr-Drohnen ebenso wie die Wehrbeauftragte Eva Högl. Der Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu trat wegen der Verzögerung der Entscheidung sogar verärgert als verteidigungspolitischer Sprecher zurück.

Auch von Ex-Außenminister und -Parteichef Sigmar Gabriel kam harsche Kritik. Die Entscheidung der Parteiführung sei der "Versuch einer taktischen Vertagung des Themas bis nach den kommenden Bundestagswahlen", schrieb er im "Tagesspiegel" (Samstag). "Diese Art präventiver innerparteilicher Wundversorgung soll gewiss auch die herbeigeträumte Koalition mit der Partei Die Linke erleichtern."

Scholz verteidigte das Vorgehen der Parteiführung dagegen in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die SPD wolle eine breite öffentliche Debatte, um herauszufinden, ob sich längerfristig ein gesellschaftlicher Konsens erzeugen lasse. "Das wird seine Zeit brauchen. Es geht ja um keine geringe Sache."

Innerhalb der Koalition wird der Ton in dieser Frage immer rauer. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warf Scholz Führungsschwäche vor. "Offensichtlich ist ausgerechnet mit Olaf Scholz nun außen- und sicherheitspolitische Unzuverlässigkeit neuer Markenkern der SPD", sagte er der dpa. Scholz wolle mit dem Stopp Brücken zur Linkspartei und den Grünen bauen, meint Ziemiak. "Diese parteipolitischen Spielchen dürfen aber nicht mehr zählen als der Schutz und die Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte."

Die SPD-Führung hatte den Koalitionspartner Union schon mit anderen sicherheitspolitischen Positionierungen gegen sich aufgebracht. Unter anderem plädierte sie für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Zuletzt sorgte SPD-Fraktionschef Mützenich mit seiner Forderung nach einer stärkeren Abkoppelung von den USA für Aufregung.

Für Maas gehört es dagegen zu den wichtigsten Projekten des nächsten Jahres, die transatlantischen Beziehungen nach vier Jahren Donald Trump im Weißen Haus zu reparieren. Die Sicherheitspolitik ist ein Thema, bei dem auch die neue US-Regierung nach der für den 20. Januar geplanten Vereidigung von Joe Biden als Präsident genau beobachten wird, ob sich Deutschland als zuverlässiger Partner erweist.

Das weiß auch Maas. Er war bereits in der Vergangenheit auf Distanz zu einzelnen Positionen der Parteiführung gegangen. Zur Forderung nach dem Abzug der Atombomben hatte er beispielsweise gesagt: "Es nutzt nichts, wenn Atomwaffen von einem Land in das andere verschoben werden. Wenn sie verschwinden sollen, dann sollen sie überall verschwinden"

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