Magdeburg. Viele der Menschen, die der Attentäter von Halle töten wollte, haben sich als Nebenkläger am Prozess beteiligt. Knapp drei Wochen vor der geplanten Urteilsverkündung bekommen sie im Hauptverfahren um den rechtsterroristischen Anschlag noch ein mal das Wort.

Im Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag von Halle soll die Nebenklage ihre Schlussvorträge fortsetzen. 45 Überlebende und Hinterbliebene haben sich der Anklage angeschlossen, sie werden von 21 Anwältinnen und Anwälten vertreten.

Zehn davon plädierten bereits am Dienstag und ließen dabei auch ihre Mandanten zu Wort kommen. In den Plädoyers der übrigen elf Anwälte sollen ebenfalls mehrere Nebenkläger selbst zu Wort kommen.

Am 9. Oktober 2019 hatte ein Terrorist versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin die Passantin Jana L. und später in einem Döner-Imbiss Kevin S.. Auf der anschließenden Flucht verletzte er weitere Menschen. Der Prozess läuft seit Juli vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg, aus Platzgründen findet er jedoch in Magdeburg statt.

Der 28-jährige Deutsche Stephan Balliet hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungserzählungen begründet. Die Bundesanwaltschaft fordert eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

Nach dem Ende der Beweisaufnahme hatte zunächst die Bundesanwaltschaft plädiert und die Geschehnisse noch einmal Stück für Stück aufgelistet und juristisch bewertet. Die Anklage untergliederte die zahlreichen Straftaten in insgesamt 13 Fälle, in denen sie dem Angeklagten unter anderem Volksverhetzung, Mord und versuchten Mord vorgeworfen hatte.

In den ersten Nebenklage-Plädoyers am Dienstag hatten die Anwälte sich dann weniger auf die juristische Bewertung und eher auf Teil-Aspekte des Anschlags, seine Folgen und den Verlauf des Prozesses konzentriert. Dabei hatten etwa die Anwälte der Eltern von Kevin S. den Angeklagten erneut scharf angegriffen. "Sie haben einer Mutter auf ekelhafteste und perverseste Weise ihr Kind genommen", sagte der Vertreter der Mutter von Kevin S.. Der Anwalt seines Vaters sprach von einer "qualvollen Hinrichtung".

Auch die Vertreter mehrerer Überlebender aus dem Döner-Imbiss und der Synagoge hatten ihre Schlussvorträge bereits am Dienstag gehalten. Dabei ließen sie ihre Mandanten, von denen viele auch als Zeugen im Prozess ausgesagt hatten, direkt oder durch die Verlesung von Erklärungen zu Wort kommen lassen.

Das Gericht hat für die restlichen Plädoyers der Nebenklage zwei weitere Prozesstage vorgesehen. Nach dem Schlussvortrag der Verteidigung und dem letzten Wort des Angeklagten soll dann am 21. Dezember das Urteil verkündet werden.

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