Berlin. Zunächst ging der Grundrenten-Streit zwischen CDU, CSU und SPD um die Bedürftigkeitsprüfung, dann auch um die Höhe. Doch immer steckte hinter dem Streit auch etwas Grundsätzlicheres.

CDU, CSU und SPD wollen das Dauerstreitthema Grundrente bei der nächsten Sitzung der Koalitionsspitze Anfang kommender Woche endgültig abräumen.

Nach elfstündigen Beratungen einer hochrangigen Arbeitsgruppe hieß es am Morgen, die Vorarbeiten für die Spitzenrunde der großen Koalition am Montagabend seien geleistet. In der Diskussion seien noch verschiedene Varianten.

Wie es am Freitag aus Koalitionskreisen zudem hieß, soll nun zwar auf das Wort "Bedürftigkeitsprüfung" verzichtet werden. Die Finanzämter sollen aber "das zu versteuernde Einkommen" den Berechnungen zugrunde legen. Das könnte auch bedeuten, dass steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalerträgen oder aus Mieten und Verpachtungen mitberücksichtigt werden.

Die Gesamtkosten für die Grundrente sollten unter zwei Milliarden Euro bleiben. Darauf hatte nach dpa-Informationen die Union gepocht. Der SPD war wichtig, dass möglichst viele Menschen erreicht werden, zuletzt sollten es noch etwa 1,5 Millionen sein. Im Mai hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Entwurf vorgelegt, wonach rund drei Millionen Menschen Grundrente beziehen sollten. Er veranschlagte Kosten von 3,8 Milliarden Euro pro Jahr, die in vier Jahren auf 4,8 Milliarden Euro steigen sollten.

Dem Vernehmen nach soll nun im Laufe des Montags die hochrangige Arbeitsgruppe nochmals beraten, bevor sich dann am Abend die Spitzenrunde der Koalition im Kanzleramt mit dem Thema befasst.

Mit der Grundrente sollen Menschen, die trotz langer Beitragszeit nur sehr wenig Rente bekommen, einen Zuschlag erhalten. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, dass alle, die 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung oder Pflege aufweisen, eine Rente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung bekommen sollen. Voraussetzung sollte eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung sein.

Die Union wollte die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit gewährleistet sehen. Die SPD lehnte eine solche Prüfung dann aber ab. Dem Vernehmen nach soll vor allem die CDU bis zuletzt Vorbehalte gehabt haben.

Eine Überlegung war dabei auch, ob man der SPD in dem Punkt noch entgegenkommen sollte, ohne zu wissen, wie es mit der SPD nach deren Wahlparteitag Anfang Dezember weitergeht. Führende SPD-Politiker machten indessen deutlich, dass die große Koalition ohne Grundrente kaum eine Zukunft habe.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte dem "Focus": "Es gibt eine Deadline." Spätestens zum Bundesparteitag der SPD finde die Bewertung der Halbzeitbilanz der Bundesregierung statt. "Und dafür ist die Entscheidung zur Grundrente ein wichtiger Punkt, so oder so." Der Parteitag findet vom 6. bis 8. Dezember statt.

Der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, erklärte: "Die elfstündigen Verhandlungen stehen sinnbildlich für das Schneckentempo der großen Koalition bei der Bekämpfung von Altersarmut. Bei der Manipulation der Rentenformel zulasten der jüngeren Generationen konnte es Union und SPD nicht schnell genug gehen." Die Grundrente sei doppelt ungenau: Sie würde "nicht gezielt gegen Altersarmut helfen, sieht aber Zahlungen an Menschen vor, die gar keine Unterstützung benötigen". Zudem blieben diejenigen außen vor, die weniger als 35 Versicherungsjahre erreichen und dennoch von Altersarmut bedroht sind.