Kairo/Riad/Bonn. Die umstrittene Islam-Schule in Bonn wird zum Jahresende geschlossen, der Bau einer zweiten saudischen Schule in Berlin gestoppt.

Er gilt als der Whistleblower des Königshauses. Wer sich hinter den saudischen Twitter-Leaks von @Mujtahidd verbirgt, weiß niemand. Seit 2011 stellt der geheimnisvolle Online­aktivist peinliche Details aus dem saudischen Königshaus und seinen endlosen Korruptionsskandalen ins Netz. Vergangene Woche nun ließ er die jüngsten tiefroten Budgetzahlen seiner Heimat kursieren, die jeden europäischen Finanzminister an den Rand eines Herzinfarktes bringen würden.

Danach liegen die Staatsausgaben Saudi-Arabiens in diesem Jahr bei 270 Milliarden Euro. Ungedeckt sind 115 Milliarden, zur Hälfte finanziert aus den Rücklagen, zur anderen Hälfte mit neuen Schulden.Saudi-Arabien muss also drastisch sparen – nicht nur daheim, auch im Ausland.

Lob für deutsches Bildungssystem

Und so soll jetzt bis zum Jahresende die König-Fahd-Akademie in Bonn geschlossen und die Fertigstellung einer zweiten saudischen Schule in Berlin gestoppt werden. Das berichtete der „Tagesspiegel“ und berief sich dabei auf die Botschaft Saudi-Arabiens. Weil Deutschland über eines der weltweit besten Bildungssysteme verfüge und Saudi-Arabien von diesem lernen könne, sehe die Regierung in Riad keine Notwendigkeit mehr für eine saudische Schule in Deutschland, hieß es offiziell zur Begründung, die wohl eher jetzt aus der Not eine Tugend macht.

Riad hat Ebbe in der Staatskasse und will künftig besser der westlichen Kritik vorbeugen, es habe mit seiner toxischen Weltmission den „Islamische Staat“ erzeugt. Im letzten Dezember warf Vizekanzler Sigmar Gabriel dem Königreich vor, islamischen Extremismus zu exportieren. „Aus Saudi-Arabien werden überall in der Welt wahhabitische Moscheen finanziert. Aus diesen Gemeinden kommen in Deutschland viele islamistische Gefährder“, sagte der SPD-Chef. Man sei zur Lösung der regionalen Konflikte zwar auf Saudi-Arabien angewiesen. „Wir müssen den Saudis aber zugleich klarmachen, dass die Zeit des Wegschauens vorbei ist.“

Der Westen hat drei Jahrzehnte lang weggeschaut

Denn weggeschaut hat der Westen drei Jahrzehnte lang. Selbst nach dem 11. September 2001, bei dem 15 der 19 Attentäter Saudis waren, gab es keine klaren Konsequenzen. Und so finanziert Saudi-Arabien weiterhin wie kein anderes Land der Welt mit gigantischen Summen die Propagierung seines wahhabitischen Islam.

Allein König Fahd, der Namensgeber der Bonner Einrichtung, brüstete sich damit, weltweit mehr als 1500 Moscheen, 400 Islamische Zentren und Kollegien sowie 2000 Koranschulen mit 4000 Predigern gestiftet zu haben. 75 Milliarden Dollar sollen in seiner Regierungszeit von 1982 bis 2005 in diese ultrafrommen Aktivitäten geflossen sein, die inzwischen rund um den Erdball den verbreiteten, toleranten Islam zerstören.

Genehmigung stand zur Debatte

Kein Wunder, dass es auch Konflikte um die Bonner Fahd-Akademie gab. Das Kölner Regierungspräsidium warf der Einrichtung 2003 „fundamentalistischen Islamismus an und in der Schule“ vor und drohte mit dem Entzug der Genehmigung. In den Räumen sei zum „Heiligen Krieg“ aufgerufen worden, hieß damals einer der Vorwürfe, der die Schule auch ins Visier von Staats- und Verfassungsschutz brachte.

Derzeit unterrichten hier 30 Lehrer etwa 150 Schüler aus arabischsprachigen Ländern. Die in Berlin geplante und jetzt als Rohbau stillgelegte Schwestereinrichtung war für 400 Schüler konzipiert. Maßgebend in den Klassen 1 bis 10 sei das saudi-arabische Curriculum, was in arabischer Sprache vermittelt werde, teilt die Einrichtung auf ihrer Website mit. Deutsch und Englisch seien obligatorische Fremdsprachen in allen Stufen.

Fast 1 Milliarde für Ferien?

Für das Wohlleben der Königsfamilie allerdings hat der saudische Schlussstrich für seine beiden Schulen in Deutschland keinerlei Auswirkungen, wie der subversive @Mujtahidd zu berichten weiß. Beim Sommerurlaub in drei Palästen im marokkanischen Tanger hatten König Salman und sein Kronprinz-Sohn Mohammed eine Entourage von 4000 Personen dabei, die zusätzlich zehn Luxushotels belegten. Tausende Edelkarossen von Rolls Royce, Bentley und Mercedes standen rund um die Uhr bereit. Und wenn man dem Whistleblower glauben darf, summierten sich die Kosten der königlichen Ferien in diesem Jahr auf 950 Millionen Euro.