Berlin. Führende Unionspolitiker wie Volker Kauder (CDU) fordern mehr Kontrollen von Moscheen. Wer predigt dort überhaupt in wessen Auftrag?

Sie predigen meistens auf Türkisch oder Arabisch und bekommen ihr Geld oft aus dem Ausland: Die wenigsten Imame in deutschen Moscheen sind in Deutschland ausgebildet worden, die meisten stammen aus der Türkei. Jahrelang wurde das so hingenommen – auch deshalb, weil andere Lösungen teuer wären. Spätestens seit den Anschlägen von Paris und Brüssel erscheinen Berichte über radikale Prediger, über Moscheegemeinden, in denen junge Fundamentalisten heranwachsen, aber in neuem Licht: Muss der Staat genauer hinschauen?

Unionsfraktionschef Volker Kauder fordert staatliche Kontrollen von Moscheen, die CSU verlangt, dass Imame auf Deutsch predigen sollen. Die rechtspopulistische AfD will sich am Wochenende bei ihrem Parteitag in Stuttgart auf einen strikt antiislamischen Kurs festlegen: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, heißt es im Entwurf zum Parteiprogramm.

Wer predigt in deutschen Moscheen?

In den rund 2350 Moscheegemeinden in Deutschland sind nach einer Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bis zu 2500 Religionsbedienstete tätig – die meisten sind Imame. 80 Prozent von ihnen sind türkischstämmig, die wenigsten sind in Deutschland aufgewachsen. Die staatliche türkische Religionsbehörde soll derzeit rund 970 türkische Imame nach Deutschland entsandt haben. Sie predigen in den 900 Moscheen, die der türkisch-islamische Dachverband (DITIB) hier betreibt. Viele bleiben für einige Jahre in Deutschland – es gibt aber auch kurze Einsätze von sogenannten „Drei-Monats-Imamen“. Kritiker sehen im „Import“ der Imame einen unzulässigen Einfluss auf das Leben der rund vier Millionen Muslime in Deutschland. Da der DITIB auch an der Auswahl der Religionslehrer, die an deutschen Schulen islamischen Religionsunterricht geben, beteiligt ist, fordern viele, dass der DITIB völlig unabhängig vom türkischen Staat werden müsse. Doch nicht nur aus der Türkei fließt Geld: Auch aus Saudi-Arabien kommen Prediger, Spenden für Moscheebauten und Kulturzentren. Die Ausbildung deutscher Imame an hiesigen Universitäten steht dagegen erst am Anfang – und vor Problemen: Die wenigsten Moscheegemeinden können sich akademische Prediger leisten.

Sind schärfere Kontrollen sinnvoll?

CDU-Bundesvize Julia Klöckner will radikalen Predigern deutlich machen, dass ihr Tun nicht toleriert wird.
CDU-Bundesvize Julia Klöckner will radikalen Predigern deutlich machen, dass ihr Tun nicht toleriert wird. © dpa | Kay Nietfeld

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner unterstützt die Forderung von Unionsfraktionschef Kauder nach einer staatlichen Kontrolle von Moscheen. „Man kann nicht alle Imame pauschal einfach überwachen lassen. Wer aber gegen unsere Verfassung aufruft und Gläubige motiviert, die Religion über unser Grundgesetz zu stellen, der muss wissen, dass wir das nicht tolerieren“, sagte Klöckner unserer Redaktion. Kauder hatte in der „Berliner Zeitung“ gemahnt: „Wir müssen darüber reden, dass in einigen Moscheen Predigten gehalten werden, die mit unserem Staatsverständnis nicht im Einklang stehen.“ Hier sei der Staat gefordert. „Er muss das kontrollieren.“ Doch das passiert bereits: Die Sicherheitsbehörden beobachten derzeit vor allem arabischsprachige Moscheen, die dem extremistischen Spektrum zugerechnet werden. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen warnt seit Langem vor einer Radikalisierung – die Zahl der Salafisten hat in Deutschland in jüngster Zeit erheblich zugenommen, auf aktuell rund 8650 Gefährder. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in Deutschland bislang drei Moscheevereine verboten. Die Zahl ist auch deshalb klein, weil Moscheen als religiöse Vereinigungen einen erhöhten verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Die Forderung aus der CSU, Imame müssten auf Deutsch predigen, lehnt Kauder ab. Das sei eine Scheindebatte. „Für Italiener wird die Heilige Messe auch auf Italienisch angeboten. In den Synagogen wird auf Hebräisch gebetet. Das ist alles zu akzeptieren.“

Sollte die Auslandsfinanzierung der Moscheen verboten werden?

Die CSU schlägt ein „Islamgesetz“ vor, bei dem genau das ein zentrales Element sein soll. Um die Abhängigkeit der deutschen Moscheen von Geld und Personal aus dem Ausland zu beenden, hatte der CSU-Abgeordnete Alexander Radwan eine Art Kirchensteuer für Muslime ins Gespräch gebracht. Dazu müssten sich die muslimischen Glaubensgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts eintragen lassen. Nur so könnte der Staat auch von Muslimen eine Steuer einziehen und an die Gemeinden weiterreichen. Ein grundsätzliches Verbot der Finanzierung von Gemeinden im Ausland würde allerdings auch die christlichen Kirchen treffen: Auch sie unterstützen Gemeinden im Ausland. Der Umgang mit Religionsgemeinschaften ist bislang allerdings Ländersache – die Unionsforderungen können allenfalls als Appelle gelten.

Welche Rolle spielt die AfD?

Die AfD will sich als Anti-Islam-Partei aufstellen: Auf ihrem Parteitag am Wochenende in Stuttgart sollen die Mitglieder über ein Grundsatzprogramm entscheiden, in dem es unter anderem heißt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Minarette und Muezzinrufe sollen verboten werden. Mit Blick auf Kauders Forderung nach staatlicher Kontrolle der Moscheen sprach Linken-Fraktionsvize Jan Korte von einem „AfD-Ähnlichkeitswettbewerb“ in der Koalition. Es sei unglaublich, wie der Fraktionschef der christlichen Bundestagsfraktion in seinem Bestreben, der AfD nicht den Kampf gegen den Islam zu überlassen, die Axt an die Grundfeste der freien Religionsausübung lege.