Clausnitz. Nach dem fremdenfeindlichen Protest in Clausnitz steht die Polizei in der Kritik. Innenminister de Maizière verteidigt den Einsatz.

Nach den fremdenfeindlichen Vorfällen in Clausnitz hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Vorgehen der sächsischen Polizei verteidigt: „Es war richtig, alle Asylbewerber schnell aus dem Bus zu bringen“, sagte er in der ARD.

Zuvor hatte bereits Sachsens Innenminister Markus Ulbig als Dienstherr das Vorgehen verteidigt: „Die Polizei musste konsequent handeln und hat das getan“, sagte er am Sonntagabend in Dresden. Die Ursache für den Einsatz sei ein „Mob mit menschenverachtenden Äußerungen“ gewesen. Die Flüchtlinge im Bus hätten Angst gehabt. Die Polizei habe deswegen einschreiten müssen. Ulbig kündigte an, die Vorgänge zu untersuchen.

Dies gilt insbesondere für den Vorfall in Clausnitz, für den die Polizei selbst massiv in der Kritik steht. Hintergrund ist, dass die Polizei eine Blockade der Menschenmenge nicht unterbunden hatte und stattdessen sich sträubende Flüchtlinge teilweise mit Zwang aus ihrem Bus geholt und in die Unterkunft gebracht hatte.

Bruder des Heimleiters organisierte fremdenfeindlichen Protest

Der Landkreis Mittelsachsen kündigte an, zu prüfen, ob es ein Fehlverhalten gegeben habe. Thema dürfte dabei auch sein, dass Heimleiter Thomas Hetze nach Berichten verschiedener Medien Mitglied der rechtspopulistischen AfD ist. Landrat Matthias Damm (CDU) sagte laut eines Berichts der Chemnitzer „Freien Presse“, er sehe bisher keinen Grund, an dem Heimleiter zu zweifeln. Hetze hatte für die AfD auch eine Veranstaltung „Asyl und andere politische Amokfahrten“ auf die Beine gestellt.

Indes hat sich der Einrichtungsleiter gegenüber der „Bild“-Zeitung (Bezhalinhalt) zu seiner AfD-Mitgliedschaft geäußert. „Ich bin erst seit Dezember AfD-Mitglied. Ich bin mir nicht sicher, ob der Eintritt richtig war. Vielleicht nicht, denn mittlerweile ist dort einiges ganz schön heftig“, sagte Hetze. Zudem wies er den Vorwurf zurück, Informationen über die Ankunftszeit der Flüchtlinge weitergegeben zu haben.

Nach MDR-Recherchen wurden die fremdenfeindlichen Proteste vor der Flüchtlingsunterkunft vom Bruder von Hetze mitorganisiert. In einem auszugsweise vorab gezeigten Interview des Fernsehmagazins „Exakt“ drückte der Mann sein Bedauern aus. Dass die Situation eskaliert sei, habe man nicht gewollt – aber nicht verhindern können.

Grüne: Sachsens Regierung verharmlost rechte Gefahr

Der Vorfall in Clausnitz sorgte bundesweit für Empörung. Insbesondere die Polizei steht in der Kritik, nachdem der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann am Samstag erklärt hat, in Clausnitz sei der Einsatz von „einfachen unmittelbaren Zwang“ – also körperlicher Gewalt – gegen die Flüchtlinge sei „verhältnismäßig“ gewesen – zumal man der pöbelnden Menge „kräftemäßig unterlegen“ gewesen sei.

„Clausnitz, ein Ort mit Geschichte“: Eine große Menschengruppe hatte die Ankunft von Flüchtlingen blockieren wollen. Der Einsatz der Polizei wird kontrovers diskutiert.
„Clausnitz, ein Ort mit Geschichte“: Eine große Menschengruppe hatte die Ankunft von Flüchtlingen blockieren wollen. Der Einsatz der Polizei wird kontrovers diskutiert. © dpa | Hendrik Schmidt

Grünen-Chefin Simone Peter sagte der Montagsausgabe der „Passauer Neuen Presse“. „Die sächsische Regierung verharmlost seit Jahren die rechte Gefahr.“ Der grüne Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach in der Montagsausgabe der hannoverschen „Neuen Presse“ von „Polizeiversagen“ und forderte Ulbigs Rücktritt. Sachsens Linkspartei-Chef Rico Gebhardt sagte: „Langsam beginne ich, an eine selbstverordnete, rechtsäugige Blindheit von Teilen der sächsischen Polizei und vor allem ihres Dienstherrn zu glauben.“ Linksparteichef Bernd Riexinger verlangte in der „Passauer Neuen Presse“: „Der zuständige Einsatzleiter muss gehen.“

Politiker wollen die Vorfälle im Bundestag thematisieren. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kündigte erneut einen harten Kurs der Justiz an. Der Staat müsse angesichts solcher Straftaten „seine Kräfte bündeln“, sagte er der Madsack Mediengruppe. (dpa)