Berlin. „Tragfähigkeitslücke“: Einem Bericht des Finanzministeriums zufolge kann Deutschland nicht mehr lange so weiterwirtschaften wie bisher.

Deutschland muss sparsamer wirtschaften, damit die öffentlichen Finanzen nicht auf Dauer aus dem Ruder laufen. Das ist die Botschaft des sogenannten Tragfähigkeitsberichts aus dem Finanzministerium, den das Bundeskabinett nach Angaben aus Regierungskreisen am Mittwoch verabschiedete. Werde nicht gegengesteuert, drohe der Staat bis zum Jahr 2060 nicht mehr alle seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können. „Um die Tragfähigkeit des gesamtstaatlichen Haushalts zu gewährleisten, sind (...) substanzielle Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich“, heißt es in dem Bericht aus Wolfgang Schäubles Ministerium. Im Klartext bedeutet das: Ausgabenkürzungen oder Einnahmeverbesserungen.

Die Experten ermitteln in der Studie, dass angesichts der absehbaren deutschen Bevölkerungs- und Alterungsentwicklung eine sogenannte „Tragfähigkeitslücke“ in den öffentlichen Haushalten besteht, also von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammengenommen. Diese wird unter eher günstigen Bedingungen auf 1,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung veranschlagt, im ungünstigsten Fall auf 3,8 Prozent, jeweils bezogen auf die Entwicklung bis 2060. In diesem Maße müsse die Finanzpolitik angepasst werden, wolle man nicht riskieren, dass der Staatshaushalt aus den Fugen gerät.

Auf Schäuble kommen Extrawünsche seiner Kollegen zu

Wird so weiter gehandelt wie derzeit, droht dem Bericht zufolge in einem ungünstigen Szenario ein Schuldenstand von rund 220 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2060. Das ist mehr als das Dreifache des aktuellen Standes. Unter günstigen Annahmen würde die Schuldenstandsquote bis dahin immer noch auf 76 Prozent klettern. Zurzeit steuert der Staatshaushalt auf eine Quote unter 70 Prozent zu. Aktuell läuft das Verfahren zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2017 an. Schäuble sieht sich dabei zusätzlichen Ausgabenwünschen seiner Kollegen ausgesetzt. (rtr)