München. Obergrenze, Abweisung an Grenzen, mehr Kontrollen: Seehofer will die Kehrtwende in der Asylpolitik. Er droht mit Verfassungsklage.

Die bayerische Staatsregierung hat den Drohbrief von Horst Seehofer an Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag auf ihrer Internetseite veröffentlicht. In dem bereits am Dienstag ans Kanzleramt verschickten Schreiben droht der bayerische Ministerpräsident mit einer Verfassungsklage, wenn die Bundesregierung nicht schnellstmöglich Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen ergreift. Bislang waren nur Teile des Briefes an die Öffentlichkeit gelangt.

Auf sechs Seiten stellt Seehofer in dem Schreiben Forderungen, die er ähnlich schon vorher formuliert hatte. Er verleiht dem Brief Nachdruck mit einem Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio, der eine verfassungsrechtliche Pflicht des Bundes für die Begrenzung des Zuzugs sieht.

In dem Schreiben fordert der Ministerpräsident von Bayern im Kern vier Punkte. Er spricht sich für andere Maßnahmen aus, als sie das nun beschlossene Asylpaket II vorsieht. Erst am Donnerstagabend war der Asylkompromiss nach Verhandlungen von SPD-Chef Sigmar Gabriel, Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Seehofer verkündet worden. Das Asylpaket schränkt den Familiennachzug ein, verbessert die Bedingungen von jungen Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt und erklärt Marokko, Algerien und Tunesien zu „sicheren Herkunftsstaaten“, um schneller dorthin abzuschieben.

Im Gegensatz zu Merkel, die weiter an einer gesamteuropäischen Lösung arbeitet, fordert Seehofer in seinem Drohbrief vor allem härtere nationale Maßnahmen, die auf eine Signalwirkung an die Herkunftsländer zielen. Am Freitag erneuerte Seehofer seine Forderung nach nationalen Maßnahmen – trotz des zweiten Asylpakets. „So schnell überholen sich Briefe aus Bayern nicht“, sagte er. Zu konkreten weiteren Plänen in Sachen Verfassungsklage, die Bayern zur Erreichung einer Obergrenze angekündigte hatte, äußerte sich Seehofer nicht. Man werde aber „ohne Wenn und Aber“ politisch und zur Not auch rechtlich weiter für die Begrenzung kämpfen, sagte er.

Dies sind die wesentlichen Punkte des Drohbriefs.

1. Wirksame Sicherung der Außengrenzen

„Eine wirksame Sicherung der Grenzen muss sich daran messen lassen, dass alle, die die Aufnahme als Flüchtling in der Europäischen Union begehren, sofort bei Betreten des Schengen-Raumes lückenlos registriert werden“, schreibt Seehofer. Von dort aus sollen die Flüchtlinge je nach der jeweiligen Leistungsfähigkeit der EU-Staaten verteilt werden.

2. Effektive Kontrollen an deutschen Grenzen

„Bis zur Wiederherstellung eines ausreichenden Schutzes der EU-Außengrenzen sind umgehend effektive eigene Grenzkontrollen durchzuführen“, heißt es in dem Brief. Und: Die Bundespolizei müsse das Personal an der bayerischen Grenze deutlich aufstocken. „Falls der Bund sich außerstande sieht, dieses Personalkontingent zu stellen, ist Bayern bereit, die Bundespolizei mit eigenen Kräften zu unterstützen.“

3. Obergrenze von jährlich 200.000 Flüchtlingen

„Ein Antrag, in dieses Kontingent aufgenommen zu werden, soll nicht an der deutschen Grenze, sondern nur und bereits in den Ländern gestellt werden können, in denen Flüchtlinge zuerst Schutz gesucht haben.“ Darin liege ein wichtiges Signal an die Herkunftsländer, dass „auch Deutschland nicht länger zu einer unbegrenzten Aufnahme bereit ist“.

4. Illegal Einreisende an Grenze abweisen

„Bis zu einer wirksamen europäischen Lösung ist die im Grundgesetz verankerte Drittstaatenregelung anzuwenden, nach der alle aus sicheren Drittstaaten wie Österreich illegal Einreisende noch an der Grenze zurückzuweisen“, fordert der Ministerpräsident. All diese Maßnahmen, schreibt er, sollten angesichts der „akuten Gefährdung der innerstaatlichen Funktionsfähigkeit schnellstmöglich umgesetzt“ werden. (mit epd)